Prozess gegen mutmaßliche Mörder von Malatya begonnen

I s t a n b u l (PRO) - Am Freitag hat der Gerichtsprozess gegen sieben Angeklagte begonnen, die am Mord an drei Christen im osttürkischen Malatya im April beteiligt gewesen sein sollen. Kurz nach Beginn wurde das Verfahren jedoch zunächst auf den 14. Januar vertagt.
Von PRO

Am 18. April 2007 ermordeten fünf Personen drei Mitarbeiter des christlichen „Zirve“-Verlages in Malatya, nachdem sie sie bestialisch gefoltert hatten. Die Polizei nahm fünf Türken im Alter von 19 und 20 Jahren fest. Laut der türkischen Zeitung „Hürriyet“ gaben die Festgenommenen an: „Wir haben dies nicht für uns, sondern für unseren Glauben (den Islam, d. A.) getan.“

Wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtet, vertagte das Gericht in Malatya den Prozess, weil die Verteidigung um mehr Zeit gebeten hatte. Die Witwe des ermordeten Tilmann G., der seit fast zehn Jahren mit seiner Familie in der Türkei lebte, erklärte zum Prozessauftakt, sie glaube an das türkische Justizsystem. Sie beschrieb ihren Mann zudem als einfühlsam gegenüber seinen muslimischen Mitbürgern; er habe niemandem seinen christlichen Glauben aufzwingen wollen. G. war Absolvent der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel (STH). Der 46-Jährige arbeitete als Übersetzer für eine deutsche Firma und war Mitarbeiter des Zirve-Verlags. Er hinterlässt neben seiner Frau drei Kinder.

Der Anwalt Orhan Kemal Cengiz, der in der Vergangenheit eines der türkischen Opfer vertreten hatte, kritisierte am Freitag, die Ermordeten seien in den örtlichen Medien wegen ihrer Arbeit angegriffen worden. Malatya gilt als Hochburg türkischer Nationalisten. Auch Mehmet Ali Agca, der 1981 das Attentat auf Papst Johannes Paul II. verübte, stammte aus der Stadt. Dem Überfall auf den Zirve-Verlag waren mehrere Angriffe auf Christen in der Türkei vorangegangen. Für den Prozess gelten verschärfte Sicherheitsvorkehrungen.

Computer des Verlags werden untersucht

Die Mörder hatten bereits seit Monaten das Vertrauen der Opfer erschlichen. Am Mord-Tag kamen zunächst zwei Täter in das Büro des Zirve-Verlages in Malatya. Sie unterhielten sich mit einem der Mitarbeiter über den Glauben – wie so oft in den vergangenen Monaten. Später kamen drei weitere Täter hinzu, fesselten die ersten beiden Opfer und bedrohten sie mit Pistolen. Türkischen Presseberichten zufolge ergab die Autopsie der Opfer folgendes Bild: Becken, Unterleib, Anus, Bauch und Rücken waren mit bis zu 156 Messerstichen übersät. Die Fingerspitzen waren mehrfach zerschnitten, am Hals klaffte eine lange Wunde, Speise- und Luftröhre waren durchschnitten.

Drei der Täter konnten von der Polizei noch direkt im Büro festgenommen werden, zwei weitere versuchten, am Fallrohr der Dachrinne nach unten zu gelangen. Der erste dieser beiden wurde im zweiten Stock, ein Stockwerk unterhalb des Tatortes, gefasst. Der zweite – laut Aussage der ersten vier Täter der Anführer der Gruppe – stürzte aus großer Höhe auf die Straße, als sich das Regenfallrohr von der Wand löste.

Laut Berichten der türkischen Tageszeitung „Milliyet“ entnimmt ein türkischer Staatsanwalt derzeit Daten aus den Computern der drei Christen. In den Festplatten sind Namen, Adressdaten sowie kurze Notizen über diejengenigen gespeichert, die seit dem Jahr 2005 Interesse am Christentum gezeigt haben.

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