„Gottes Konzern“: „Die Welt“ über Willow Creek

Die US-amerikanische Gemeinde Willow Creek hat ihr Gemeindezentrum in South Barrington nahe Chicago. Mehr als 20.000 Besucher kommen an jedem Wochenende in die Gottesdienste der Kirche, die von Pastor Bill Hybels gegründet wurde. Die Tageszeitung "Die Welt" widmete der Gemeinde am Samstag einen Bericht im Wirtschaftsteil: "Gottes Konzern" stand darüber.
Von PRO

„Willow Creek ist eine der wirtschaftlich erfolgreichsten Kirchengemeinden Amerikas. Sie wird geführt wie ein Unternehmen. Die eigene Beratungsfirma agiert weltweit“, schreibt „Welt“-Redakteurin Anette Dowideit. Sie berichtet in ihrem Beitrag von einem Gottesdienst der Gemeinde, den zahlreichen Angeboten für Besucher und die enorme Organisation, die Willow Creek-Mitarbeiter jede Woche zu leisten haben, damit der Gemeinde-Betrieb weiter läuft.

„Willow Creek hat fast 600 fest angestellte Mitarbeiter, die sich mit Dingen wie Marketing oder Buchhaltung beschäftigen. Die Kirche hat einen Finanzvorstand, eine Personalabteilung, eine Pressestelle – und eine angegliederte Beratungsfirma, die weniger erfolgreiche Kirchengemeinden weltweit berät. Rund 11.000 Menschen helfen ehrenamtlich bei Kinderbetreuung oder sozialen Projekten. Dieses Konzept verhilft Willow Creek zu Wachstumsraten, von denen viele Konzerne nur träumen. Seit der Gründung im Jahr 1975 ist die durchschnittliche Zahl der Gottesdienstbesucher pro Wochenende von 125 auf 20.000 gestiegen – das sind mehr als 17 Prozent Wachstum pro Jahr“, schreibt Anette Dowideit.

Kein Kreuz, kein Altar

Sechs Jahre nach der Gründung sei die Kirche aus ihrem damaligen Gebäude, einem stillgelegten Kino, heraus gewachsen – „ein typisches Start-Up-Problem“, so Cally Parkinson, Pressesprecherin der Kirche, gegenüber der „Welt“. „Mit Spenden wurde das heutige Gemeindezentrum gebaut, in dessen Hauptsaal mehr als tausend Gläubige passten. Vor eineinhalb Jahren wurde auch das zu klein. Willow Creek baute einen neuen Saal. Für 7.095 Menschen.

Das Geheimnis von Willow Creek heißt Präsentation. Vor den Messen treten häufig bekannte Redner oder christliche Bands auf, das ganze mit Lichtshow und 129-Lautsprecher-System. Alles im Dienste der Unterhaltung, sagt Parkinson. ‚Gottes Wort verdient es, dass es professionell präsentiert wird.‘ Nicht umsonst heißt Gottesdienst auf englisch ‚Service'“, so „Die Welt“.

„Wie Willow Creek gibt es in den USA eine Handvoll dieser sogenannten Mega-Kirchen, in die pro Messe mehr als 2.000 Menschen strömen. Man kann auch darüber streiten, ob Willow Creek überhaupt eine richtige Kirche ist. Es gibt kein Kreuz, keinen Altar, keinen Weihrauch – nichts, was Skeptiker verschrecken könnte. Die Kirche sieht auch nicht aus wie eine Kirche, sondern wie ein modernes Tagungszentrum: Im Foyer gibt es Infostände mit Computern, Rolltreppen führen zu den oberen Rängen. Rund um den sandfarbenen Bau gibt es 3.500 Parkplätze. Amerikaner, zumal in den weitflächigen Vororten, kommen schließlich mit dem Auto.“

„Schick wie Starbucks“

Pastor Bill Hybels, habe als Sohn eines Gemüsehändlers schon früh gewusst, wie ein Unternehmen funktioniert. Er habe 1975 eine Marktlücke erkannt. „Es gab keine Angebote für Menschen, die ihr Leben mit Sinn ausfüllen wollten, aber vor Weihrauch und Kruzifixen zurückschreckten. Zusammen mit ein paar Freunden betrieb er Marktforschung: Sie zogen von Tür zu Tür und fragten die Bewohner der knapp 4.000 Einwohner-Stadt South Barrington, was sie sich von einer alternativen Kirche wünschten. Die wichtigste Antwort, die Hybels zum Leitsatz machte: mehr Relevanz für das tägliche Leben.“

Vom Modell Willow Creek wollten sogar die Studenten der bekanntesten Wirtschaftsuniversität lernen: Hybels stelle das Erfolgsbeispiel Willow Creek einmal pro Jahr in Harvard vor, schreibt die „Welt“-Redakteurin. „Wie viele Unternehmen hat allerdings auch Willow Creek ein essentielles Problem: die Nachfolge. Denn Hybels hat die Kirche aufgebaut – und wenn man seine Mitarbeiter hört, dann hat der Erfolg sehr viel mit seiner Person zu tun. ‚Jeder Pastor hat andere Qualitäten. Die von Bill ist es, freiwillige Helfer anzuspornen‘, sagt Dick Anderson, der im Beratungszweig, der 150köpfigen ‚Willow Creek Association‘ arbeitet. Doch Hybels ist mittlerweile immerhin schon 54 Jahre alt. Gerade versucht man, mit dem jüngeren Gene Appel einen Nachfolger aufzubauen.

Ein wesentlicher Punkt unterscheidet die Kirche dann aber doch von einem Konzern: Es gibt keine Gewinnerzielungsabsicht. Das von den Gemeindemitgliedern gespendete Geld geht in die – laut Sprecherin Parkinson bescheidenen – Gehälter. Überschüsse werden gespendet.“

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