Strafanzeige gegen saudischen Kronprinzen

„Reporter ohne Grenzen“ hält den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman für einen der Hauptverdächtigen beim Mord an einem Journalisten. Deshalb hat die Organisation nun Strafanzeige gestellt.
Von PRO
Auf der „Weltkarte der Pressefreiheit“ sind Länder (darunter Saudi-Arabien), in denen den Lage der Pressefreiheit als „sehr ernst“ eingestuft wird, mit der Farbe Schwarz gekennzeichnet

„Reporter ohne Grenzen“ (ROG) hat beim Generalbundesanwalt Strafanzeige gegen Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erstattet. Das hat die Menschenrechtsorganisation am Dienstag mitgeteilt. Hintergrund ist demnach die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi in der Türkei und die willkürliche Inhaftierung einer Journalistin in Saudi-Arabien. ROG wirft dem Kronprinzen und weiteren hochrangigen Vertretern des Königreichs vor, Medienschaffende anhaltend und systematisch zu verfolgen.

Der saudi-arabische Journalist Khashoggi war 2018 im Konsulat seines Landes in Istanbul ermordet worden. Eigenen Angaben zufolge legt ROG in einem Dossier auf mehreren Hundert Seiten dem Bundesanwalt dar, dass neben Khashoggi insgesamt 35 Journalisten Opfer von Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch geworden sind.

Als Hauptverdächtige benennt die Menschenrechtsorgtanisation den Kronprinzen sowie vier weitere hochrangige Vertreter Saudi-Arabiens. Ein vor wenigen Tagen freigegebener US-Geheimdienstbericht zu dem Mord an dem Journalisten bestätige die Einschätzung, dass das Verbrechen vom saudi-arabischen Kronprinz Mohammed bin Salman genehmigt und damit Teil der Regierungspolitik gewesen sei. „Die Verantwortlichen für den Mord an Jamal Khashoggi und für die Verfolgung von Journalistinnen und Journalisten in Saudi-Arabien müssen für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden“, erklärte der internationale Generalsekretär von ROG, Christophe Deloire, am Dienstag.

Kritische Stimmen sollen zum Schweigen gebracht werden

In Saudi-Arabien würden bis heute schwerste Verbrechen gegen Journalisten unvermindert fortgesetzt. „Deshalb appellieren wir an den Generalbundesanwalt, entschlossen vorzugehen und Ermittlungen zu diesen Verbrechen aufzunehmen“, sagte Deloire, und weiter: „Es ist höchste Zeit zu handeln und durchzusetzen, dass bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit niemand über internationalen Rechtsnormen steht.“ ROG wirft den Beschuldigten „vorsätzliche Tötung, Folter, sexuelle Gewalt und Nötigung, zwangsweises Verschwindenlassen, Zufügung schwerer körperlicher und seelischer Schäden, schwerwiegenden Entzug der körperlichen Freiheit sowie Verfolgung aus politischen Motiven“ vor. Die „anhaltenden und systematischen“ Angriffe zielten laut der Organisation drauf ab, die kritischen Stimmen einer ganzen Berufsgruppe in dem Land zum Schweigen zu bringen und so die staatliche Politik durchzusetzen.

Dass ROG die Strafanzeige in Deutschland einreiche, hänge mit dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) und der Rechtspraxis bei seiner Anwendung zusammen. Das VStGB erlaube es deutschen Gerichten, nach dem Weltrechtsprinzip gegen schwerste Verbrechen von internationaler Bedeutung auch dann vorzugehen, wenn sie im Ausland und ohne Bezug zur Deutschland verübt wurden. Deutsche Gerichte hätten in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie bereit und in der Lage seien, diese rechtliche Möglichkeit tatsächlich zu nutzen.

ROG führt zudem an, dass die Bundesregierung wiederholt erklärt habe, wie wichtig es sei, Menschenrechtsverletzungen zu ahnden und – in den Worten von Außenminister Heiko Maas (SPD) – „die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, und zwar überall, wo wir können: international, europäisch und immer öfter auch national, also hier bei uns“.

Dass in Saudi-Arabien der Pressefreiheit kaum Bedeutung beigemessen wird, zeigt die entsprechende ROG-Rangliste. Das Land steht aktuell auf Platz 170 von 180 Ländern. Auf dem Weltverfolgungsindex rangiert das Land auf Platz 14. Die meisten Christen in Saudi-Arabien leben und arbeiten nach Angaben von Open Doors nur vorübergehend in dem Land und würden „regelmäßig auch verbaler und körperlicher Gewalt ausgesetzt“. Ausländische Christen sind in ihren Möglichkeiten, sich zum Gottesdienst zu versammeln und ihren Glauben mit Muslimen zu teilen, extrem eingeschränkt, da ihnen Verhaftung und Ausweisung drohen.

Von: pro

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