Glaube: Ein Relikt aus der Urzeit?

"Über Bord mit der Religion!", fordert "Focus"-Autor Michael Odenwald in einer Kolumne im Onlineauftritt des Magazins. Der Glaube, so schreibt er, sei ein Überbleibsel unserer Vorfahren und führe zu Machtstreben und Krieg.
Von PRO

„Religiosität ist ein evolutionär gewachsenes biologisches Phänomen“, schreibt Odenwald. Dabei bezieht er sich auf die Erkenntnisse verschiedener Psychologen und Wissenschaftler. Dean Hamer etwa schrieb 2004 in seinem Buch „Das Gottes-Gen“, mit dem Glauben verhalte es sich ähnlich wie mit dem Gezwitscher von Singvögeln. Er sei angeboren, habe jedoch unterschiedliche Ausprägungen, ebenso wie Vögel in unterschiedlichen „Dialekten“ zwitscherten. Auch der Glaube von Jesus, Mohammed oder Buddha, so meint der Wissenschaftler, sei möglicherweise genetisch vorbestimmt, also angeboren gewesen.

Ist Religiosität evolutionär entstanden?

Odenwald findet in seiner Kolumne auch eine evolutionäre Begründung für den Glauben: Er stärke das Gemeinschaftsgefühl. Somit könne Religiosität, ganz nach Darwin, bei der Fortpflanzung weitergegeben worden sein, weil es für das Überleben von Vorteil gewesen sei.

Zitiert wird auch der US-Anthropologe Scott Atran. Religiosität, so meint er, sei ein Nebenprodukt des menschlichen Verstandes, mit dem die „Tragödie der Erkenntnis“ des eigenen Todes überwunden werde. Der Mensch besitze eine „Voreinstellung“ für Religion in seinem Denkapparat. Aus ähnlichen Gründen erfänden Kinder etwa imaginäre Freunde. Psychologen bezeichneten dies als „kognitive Disposition“, die den Glauben an Lebensformen ermögliche, die außerhalb der menschlichen Wahrnehmung stünden.

So erklärt der Psychologe Pascal Boyer die menschenähnliche Gottesvorstellung Gläubiger. „Ihr Geist – und damit ihre Handlungen – müsse wie unsere sein, weil er vom gleichen Gehirnsystem gedacht wird, das uns ermöglicht über abwesende oder nichtexistente Menschen zu reflektieren“, heißt es bei „Focus Online“.

Not macht abergläubisch

Glaube werde in der Regel dann aktiv, wenn sich Menschen in Bedrohungssituationen befänden. „Geraten Menschen unter Druck oder droht ihnen die Kontrolle über ihr Handeln zu entgleiten, reagieren sie mit erfundenen Wahrnehmungen – also abergläubisch“, schreibt Odenwald und folgert: „Um den Glauben an Gott abzustreifen, muss man gegen das eigene Gehirn und seine evolutionär gewachsenen Verschaltungen vorgehen.“

Das Fazit des Autors: „Wenn wir dem Glauben nur schwer oder gar nicht entrinnen können, wird es Zeit, wenigstens die Religionen über Bord zu werfen.“ Diese führten zu Kriegen und Dominanzstreben, wie etwa die Kreuzzüge gezeigt hätten. Sowohl die „Beinahe-Auslöschung“ der Indianer Südamerikas, als auch der „gegenwärtige Irrsinn fanatischer Islamisten“ sei Folge der Religion. Daraus zieht Odenwald sein Schlussplädoyer: „Deshalb müssen wir willentlich und kulturell gegen die Trugbilder unseres Gehirns vorgehen, bis uns der nächste Schritt der Evolution von diesen Relikten aus der Urzeit befreit.“ (PRO)

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