„Stern“-Reportage über anonyme Geburtshelfer

Es ist besser, eine schwangere Frau bringt ihr Kind anonym zur Welt, als dass sie es abtreibt. Diese Grundüberzeugung veranlasste eine katholische Schwester dazu, im Brandenburgischen ein Kinderhaus zu gründen, in das Mütter in Not kommen können. Das Wochenmagazin "Stern" porträtiert eine Einrichtungen, die nicht nur Freunde hat.
Von PRO

Fast jeden Monat liest man Meldungen über Mütter, die ihr Neugeborenes „entsorgen“: „Aus Blumenkästen und Kellern, Kleiderschränken oder Gefriertruhen werden sie geborgen, und das sind nur die, die zufällig gefunden werden“, schreibt „Stern“-Autorin Frauke Hunfeld in der aktuellen Ausgabe des Magazins. Manche Frauen suchten verzweifelt Rat im Internet, wenn sie ungewollt schwanger geworden sind und aus unterschiedlichen Gründen Angst vor der Entbindung haben. Vielleicht stoßen sie auf www.kinderhaus-sonnenblume.de, wo versprochen wird, dass den Müttern geholfen wird – obwohl eine nicht gemeldete Geburt eigentlich gegen das Gesetz verstößt.

Mara zum Beispiel war durch ihren Chef schwanger geworden, schreibt „Stern“, der alle Namen im Artikel geändert hat. Der Vater des Kindes hatte ihr gedroht, sie zu „vernichten“, falls sie schwanger werden sollte. „Manche Nacht saß sie vor dem Computer und hoffte, dass das Internet irgendeine Lösung ausspuckt“. Sie stieß auf die Webseite des Kinderhauses in Schönow, einem kleinen Dorf nordöstlich von Berlin.

„Letzter Ausweg vor Geburt auf dem Bahnhofsklo“

Dort gründete Schwester Monika bereits 1999 mit einem Trägerverein das Kinderhaus „Sonnenblume“, in dem sie und ihr Team Müttern wie Mara unkompliziert und unbürokratisch helfen. Dies sei „ein Haus für schwangere oder frisch entbundene Frauen, die nicht wissen, wohin mit sich, wo gebären oder wohin mit dem Kind. Die letzte Zuflucht vor einer heimlichen Geburt auf einem Bahnhofsklo, der letzte Ausweg, bevor das Baby womöglich getötet oder weggeworfen wird.“

Es gibt dort Schutz, mehrere Zimmer mit Betten, Essen sowie ärztliche und psychologische Versorgung. Öffnungszeit: immer. Vor allem aber wird nicht nachgefragt, nicht einmal nach dem Namen der Mutter, oder ob sie sich überhaupt legal in Deutschland aufhält. Das Kind ist wichtiger.

Genau das aber bringt Schwester Monika in eine rechtliche Grauzone: Laut Gesetz macht sich eine Mutter strafbar, wenn sie die Geburt nicht beim Standesamt meldet oder ihrer Unterhaltspflicht nachkommt. Organisationen wie „Terre des Hommes“ kritisieren zudem, dass die Möglichkeit der anonymen Geburt eine Kindstötung nicht verhindere, sondern vielmehr Frauen die Möglichkeit gebe, aus Bequemlichkeit das Kind loszuwerden, so der „Stern“. „Das Angebot schaffe eine Nachfrage.“

Dennoch sitzt die Franziskanerin Monika nach all den Jahren noch nicht im Gefängnis. „Ja, es gibt idealere Wege ins Leben“, gibt sie gegenüber den Reportern zu. „Ich sage ja nicht, dass es toll ist. Aber es gibt nicht nur Schwarz und Weiß. Wir sind Helfer in der Grauzone.“ (PRO)

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