Schweizer „Beobachter“: „Glauben macht selig. Bereits im Diesseits“

"Was bringt Religion?" titelt "Der Schweizerische Beobachter" in seiner aktuellen Ausgabe. Religiöse Menschen finden im Glauben nicht nur Trost und Kraft in Notlagen. Die Wissenschaft zeigt auch, dass Gläubige länger leben und ein geringeres Selbstmordrisiko haben. Deshalb lautet das Fazit im Editorial: "Glauben macht selig. Bereits im Diesseits."
Von PRO

„Ist da jemand?“ heißt die Titelgeschichte des „Schweizerischen Beobachters“, der 14-tägig mit einer Auflage von über 300.000 Exemplaren erscheint. Der Artikel geht der Frage nach, warum man überhaupt glauben sollte. Der französische Philosoph Blaise Pascal kam zu dem Schluss, dass, wer glaubt, nur gewinnen kann: Gibt es einen Gott und man hat an ihn geglaubt, ist einem das Seelenheil sicher, andernfalls hat man zumindest nichts verloren. Hat man jedoch nicht geglaubt und Gott existiert doch, droht ewige Verdammnis.

Dieses Argument überzeugt Gereon Wolters, Atheist und Professor für Philosophie und Wissenschaftsgeschichte an der Universität Konstanz, nicht. So bemängelt er zum Beispiel, es mache nur Sinn, wenn die Existenz Gottes überhaupt zur Debatte stünde. „Dem ist aber nicht so“, sagt Wolters dem „Beobachter“. „Es sprechen mehr Gründe gegen eine Existenz Gottes als dafür.“ Sein wichtigstes Argument für diese Auffassung ist das so genannte „Theodizee-Problem“: Wenn es gemäß der christlichen Lehre einen allmächtigen, allwissenden und allgütigen Gott gibt, woher kommt dann das Leid in der Welt?

Glaube gibt Kraft und Trost in Notlagen

Vielen Menschen hilft der Glaube jedoch gerade in Notlagen. In einer repräsentativen Umfrage, die der „Beobachter“ durchführen ließ, gaben 78 Prozent der Befragten an: „Der Glaube hat mir schon manchmal aus einer Krise geholfen.“ Auch Rosmarie Wicki, eine 77-jährige Katholikin aus dem Kanton Aargau, die seit ihrer Kindheit gläubig ist, hat die tröstende Kraft des Glaubens in ihrem Leben erfahren. Sie habe sich manchmal gefragt, wie sie die schweren Zeiten in ihrem Leben durchgehalten hätte, wenn sie nicht Kraft im Gebet und Trost in der Kirche gefunden hätte. Atheist Wolters sagt hingegen: „In schwierigen Situationen Gott anzurufen, würde ich als gigantischen Selbstbetrug empfinden.“ Er löse seine Krisen selbst und mit Hilfe seiner Nächsten.

Dennoch gaben bei der Umfrage 60 Prozent der Befragten an, die Bedeutung des Glaubens zeige sich am ehesten „bei der Bewältigung von Lebenskrisen“, aber auch „bei der Frage nach dem Sinn des Lebens“ (64 Prozent) und „bei wichtigen Entscheidungen, wo es um Moral und Gewissensfragen geht“ (59 Prozent). Außerdem ergab die Erhebung, dass für mehr als die Hälfte der Befragten der Glaube sehr wichtig (21 Prozent) oder ziemlich wichtig ist (36 Prozent). Bei der Umfrage wurden 705 Personen über 15 Jahren aus der Deutschschweiz und der Romandie befragt.

Wolters vergleicht den Glauben mit einem homöopathischen Mittel in D30-Verdünnung. „Das ist eine Verdünnung, bei der die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, dass auch nur ein Molekül der wirkenden Substanz enthalten ist“, erklärt der Philosophieprofessor. Wenn es nütze, umso besser, sagt er, das liege dann jedoch nicht an der Medizin.

Wissenschaft: Glaube wirkt positiv auf die Gesundheit

Tatsächlich zeigt die Wissenschaft, dass der Glaube nicht nur Trost spendet, sondern sich auch positiv auf die Gesundheit auswirkt. So ergab eine Untersuchung der Uni Kopenhagen an 700 Däninnen und Dänen, dass regelmäßige Gottesdienstbesucher durchschnittlich 83,4 Jahre alt wurden, während der Schnitt der anderen bei 81,8 Jahren lag. „Der Kirchgang senkte das Todesfallrisiko signifikant, und zwar auch wenn alle anderen bekannten Faktoren berücksichtigt werden“, zitiert der „Beobachter“ den Forschungsleiter Peter la Cour. Auch die Selbstmordrate ist bei gläubigen Menschen geringer als bei Konfessionslosen, ergaben andere Forschungen.

„Eine intensive religiöse Aktivität verlängert das Leben. Das ist der Konsens in der Forschung“, resümiert der Züricher Theologieprofessor Ralph Kunz. Dies gilt jedoch auch für Atheisten. Wie der „Beobachter“ berichtet, zeigten Untersuchungen über den Einfluss des Glaubens auf die Gesundheit, dass diejenigen, die sich als überzeugte Atheisten bezeichneten, ebenfalls länger leben. So folgern die Autoren: „Ungesund scheint also vor allem fehlendes Engagement in philosophischen Dingen zu sein, ein lauwarmer Glaube oder ein zaghafter Atheismus.“

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen