Studie: Kirche im Web 2.0

Kirchen sollten sich mehr im "Mitmachnetz" Web 2.0 engagieren, besonders auf Videoportalen wie Youtube. Das sagten fast 70 Prozent einer Online-Befragung unter Besuchern religiöser Webseiten. Viel Neues ergab sie nicht, zudem umfasste sie fast ausschließlich katholische Web-Angebote. Doch ein Impuls kann sie für alle christlichen Gruppen bedeuten: Wer Menschen im Internet mit der frohen Botschaft erreichen will, sollte Communitys, Weblogs und Videos nicht vergessen.
Von PRO

Mehr Präsenz der Kirche auf den Videoplattformen wünschten sich 69 Prozent der Befragten. Dass die Kirche jedoch eine eigene Videoplattform ins Netz stellen sollte, lehnten 54 Prozent ab. Die Akademie Bruderhilfe-Pax-Familienfürsorge gab bei der Professur für Religionspädagogik und Mediendidaktik der Goethe-Universität Frankfurt am Main eine Studie in Auftrag, die sich mit dem Engagement der Kirche im Mitmachnetz Web 2.0 befassen sollte. Rund 700 Teilnehmer zwischen 15 und 75 Jahre wurden online befragt. Geworben wurde ausschließlich auf religiösen Webseiten für die Studie. Fast alle (92 Prozent) der Teilnehmer sind nach eigener Aussage täglich im Internet unterwegs.

Laut den Autoren der Studie mit dem Titel „Kirchliche Sinnangebote im Web 2.0“ sollten die Angebote „der Kirche“ untersucht werden. Dabei entfiel der Schwerpunkt jedoch auf katholische Angebote, ohne dass dies im Ergebnis herausgestellt wurde. Die Forscher untersuchten, inwiefern katholische Inhalte auf Videoseiten, in sozialen Netzwerken, in Weblogs oder im „Microblogging“-Angebot Twitter zu finden sind. Lediglich unter den Interviews, die die Forscher mit Verantwortlichen von Netzangeboten führten, fanden sich zwei evangelische Geistliche.

„Die Hauptaufgabe der Kirche, die Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi, will immer wieder medial transportiert und vermittelt werden. Schon immer hat sich die Kirche der neuen Medien für die Glaubensverkündigung bedient: Von der Erfindung des Buchdrucks im Mittelalter bis hin zur Digitalisierung im dritten Jahrtausend“, schreiben die Autoren. „Im Internet kann letztlich jeder, der sich dazu berufen fühlt, an dem mitarbeiten, was die Kirche im Internet ausmacht: User Generated Content aus christlicher Überzeugung.“

Gläubige in bereits bestehenden Netzwerken aktiv

Bereits jetzt sei der Einsatz von Communitys vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen weit verbreitet, entdeckten die Forscher. Junge Erwachsene mit christlichen Überzeugungen seien überwiegend in bereits bestehenden Netzwerken religiös aktiv und weniger in explizit religiösen Netzwerken. Besonders großes Potential für kirchliche Internetarbeit sehen die Autoren in der Community „Facebook“. XING sei eine interessante Plattform für die Vernetzung von hauptamtlichen Mitarbeitern innerhalb bestehender Organisationen, die der Generation ab 30 Jahren angehören. „Mister Wong“, Twitter oder Second Life würden noch kaum genutzt.

Fast jeder zweite Studienteilnehmer (44 Prozent) ist Mitglied in einer religiösen Gruppe innerhalb bestehender Netzwerke wie StudiVZ, „Wer kennt wen“, XING oder ähnlichen. Nur 21 Prozent sind Mitglied bei religiösen Community-Seiten. Twitter wird nur von 5 Prozent genutzt.

In Zeiten des Web 2.0 seien im Internet vor allem Personen gefragt, und weniger Institutionen. Die Communitys mit ihren Gruppen dienten primär der Vernetzung, nicht dem Austausch oder der Diskussion. Allerdings sehen die Forscher auch eine Gefahr, und zwar bei der Identitätsverifizierung: Niemand könne sicher wissen, ob die Person, die sich im Internet darstellt, wirklich die ist, für die sie sich ausgibt. „So twittert zum Beispiel eine unbekannte Person unter dem Namen von Papst Benedikt XVI. und mit seinem Foto, während ein wahrscheinlich privater Nutzer auf einem YouTube-Kanal angibt, im Namen der Kirche als offizieller Priester zu sprechen.“

Ein Drittel kennt religiöse Weblogs

Weblogs böten Kirchengemeinden „eine gute und einfache Möglichkeit, eine Gemeindewebsite attraktiv, kostengünstig und effizient anzulegen“, so die Forscher. Von den Befragten kannten 38 Prozent Blogs mit religiösem Inhalt, und 29 Prozent lesen diese Blogs. Nur 9 Prozent gaben an, selbst solch einen Blog mit religiösem Inhalt zu führen. Bei der Frage, ob Personen der katholischen Amtskirche, also Bischöfe und Priester, einen Blog im Internet führen sollten, überwog leicht die Zustimmung: 56 Prozent sprachen sich dafür aus, 44 Prozent waren dagegen.

Unter den bekanntesten religiösen Angeboten im Internet, die in der Studie vorgegeben waren, waren zwei Videoportale auf den vordersten Plätzen: kirche.tv (32 Prozent) und gloria.tv (19 Prozent). 17 Prozent kannten zudem die katholische Webseite „Tagessegen“, bei dem in anderthalb Minuten eine Bibelstelle theologisch ausgelegt wird; das Video wird bei YouTube, Sevenload, MyVideo und Clipfish hochgeladen.

Bei YouTube waren fast jedem Zweiten (49 Prozent) bereits religiöse Inhalte begegnet. Zehn Prozent stellen selbst Inhalte ein. Überwiegend sind es Verbände und Vereine, die Thema eines YouTube-Kanals sind (34 Prozent). Vor allem Verbände und Vereine, allen vornan der CVJM und der BDKJ, sind mit dem Thema Jugendarbeit hier anzutreffen. Die Studie nimmt zudem Bezug auf die Aktion „Blasphemy Challenge“, die Ende 2006 in Amerika startete. Der amerikanische Atheist Brian Flemming rief in einem YouTube-Video dazu auf, in einem selbstgedrehten Video Gott abzuschwören. Das Video wurde fast eine Millionen mal abgerufen und rief 75.000 Textkommentare sowie rund 1.500 Videoantworten hervor. Auch zahlreiche Christen erwiderten den Aufruf, mit eigenen persönlichen Zeugnissen von Jesus Christus. (PRO)

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