Popetown: Zu dumm, um beleidigend zu sein?

Am Mittwoch hat der Musiksender MTV die erste Folge der vieldiskutierten Comic-Serie "Popetown" ausgestrahlt. Kurz vor Sendebeginn der ersten Folge hatte das Landgericht München den Antrag auf einstweilige Verfügung des Erzbischöflichen Ordinariats München abgewiesen. In der Begründung des Gerichts hieß es, die Sendung sei "zu dumm, um beleidigend zu sein". Sie bedrohe nicht den öffentlichen Frieden.
Von PRO

Vor der Ausstrahlung der ersten Folge begann bei MTV bereits die zweistündige Diskussionsrunde. Es ging darum, ob das satirische Cartoon-Format, wie MTV es bezeichnet, das bisher nur in Neuseeland gezeigt wurde, in Deutschland gesendet werden sollte. Nach etlichen Zuschauerbefragungen, zwei Umfragen auf den Straßen von Berlin und München und einigen, nicht genauer definierten „repräsentativen Haushaltsbefragungen“ konnten sich die Zuschauer selbst ein Bild von der Zeichentrickserie für Erwachsene machen.

Zu sehen war ein Papst, dargestellt als infantiler Trotzkopf mit Kinderstimme, der Verstecken spielt und dabei die Zeit vergisst. Die einfältige Nonne Maria und Vater Niklas, persönlicher Assistent des Papstes, mühen sich nach Kräften ab, den Spieltrieb des Kirchenoberhauptes einzudämmen. Während der Papst aus Versehen in der heiligen Hostienfabrik festgehalten wird und dort Brei zu Hostien klopfen muss, organisiert Vater Niklas ein Papst-Double für die 11 Uhr-Messe. Wie sich herausstellt, ist der Doppelgänger ein Jude, der die Messe gehörig aufmischt und mit neuen Elementen füllt. Glaubensinhalte wurden in dieser Folge nicht thematisiert.

Diese Serie bringt niemanden vom Glauben ab

In der anschließenden Live-Diskussion kristallisierten sich zwei Fragen heraus: Verletzt Popetown die Gefühle der Christen? Wie weit darf Satire gehen?

Der Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen, Joachim von Gottberg, zeigte sich überrascht von der Heftigkeit der öffentlichen Diskussion: „So etwas hatten wir bei einer Zeichentrickserie noch nie.“ Die Prüfer der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen sähen in dem Format keine Gefahr, dass Kinder oder Jugendliche vom Glauben abgebracht würden. Allerdings dürfen etliche Folgen erst nach 20 Uhr ausgestrahlt werden, denn „Kinder unter 12 Jahren können Satire nicht richtig zuordnen.“

Dirk Tänzler, Vorsitzender des Bundes der Deutschen katholischen Jugend, sieht durch die Serie die Gefühle von Katholiken verletzt. Obwohl er etliche Aspekte der Folge bedenklich fand, sieht er einer eventuellen Ausstrahlung gelassen entgegen: „Sollte die Serie ausgestrahlt werden, werden sich die jungen Leute eine eigene kritische Meinung bilden.“ Bei MTV

MTV-Werbung hat Gefühle der Gläubigen verletzt

Einigkeit herrschte bei allen Anwesenden darüber, dass die Anzeige mit der MTV vor Ostern für Popetown geworben hatte, zentrale Inhalte des christlichen Glaubens lächerlich gemacht und die Gefühle der Gläubigen verletzt hat. Die Werbung zeigte Jesus, der vom Kreuz herabgestiegen war und in einem Fernsehsessel saß. Betitelt war das Bild mit: „Lachen statt rumhängen“. Die Kirchen und der Deutsche Werberat hatten die MTV-Werbekampagne kritisiert. MTV hat die Kampagne aufgrund der Proteste inzwischen abgesetzt.

In der Live-Diskusionsrunde wurden per Video noch andere Beispiele für die Darstellung von Religion in den Medien gezeigt. Beispielsweise eine Jesusfigur in der Comicserie „South Park“, in der Jesus eine eigene Talkshow anbietet und die Führer der Weltreligionen als „meine besten Freunde“ bezeichnet. Derartige Inhalte wurden bisher in der Öffentlichkeit nicht diskutiert.

MTV-Moderatorin Mirjam Weichselbraun prophezeite außerdem den „nächsten handfesten Skandal“, der mit dem Kinofilm „Sakrileg“ von Dan Brown vor der Tür stehe.

Mit Konfrontation das Interesse der Öffentlichkeit schüren

Auf den Punkt brachte es der Journalist Michael Hanfeld, Chef der Medienredaktion im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAZ): Die Aufregung verleihe der Serie „zu viel Ehre“ für eine derart „herausragend schlechte“ Comicserie. Die Amtskirche habe dem Sender MTV mit ihrer Empörung einen großen Gefallen getan. Hanfeld sieht in der Werbekampagne ein auf Konfrontation angelegtes Sender-Kalkül, mit dem Ziel, das Interesse an der Sendung zu schüren.

Im Vorfeld hatten Vertreter der Katholischen Kirche heftige Kritik an der Serie geäußert. MTV will Anfang nächster Woche entscheiden, ob die weiteren Episoden ausgesdtrahlt werden.

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