„Der Himmel ist international“

Migranten können das christliche Leben in Deutschland bereichern. Doch gerade Gemeinden sind gegenüber Ausländern oft distanziert, sagte Matthias Junge vom Evangelischen Ausländerdienst beim Festival Spring.
Von PRO
Gerade Muslime seien offen für Gespräche über Jesus, ist Matthias Junge vom Evangelischen Ausländerdienst überzeugt
Die Art, wie Migranten ihren Glauben leben, kann für christliche Gemeinden in Deutschland eine Bereicherung sein. „Die Gemeinde wird zu einem Ganzen, wenn auch Migranten darin sind“, sagte Junge am Dienstag bei einem Seminar beim Gemeindeferienfestival Spring in Willingen. Schließlich seien im Himmel auch Christen aus allen Ländern und Kulturen dabei. Auch der Anfang der weltweiten christlichen Gemeinde habe internationalen Charakter gehabt: Als zu Pfingsten Tausende Menschen aus verschiedenen Ländern in ihrer Sprache die Predigt von Petrus hörten und zum Glauben an Jesus kamen. Wie Junge beobachtet, gebe es in Gemeinden hierzulande jedoch oft verdeckte Vorurteile gegen Migranten. Zwar würden Christen eher keine explizit ausländerfeindlichen Parolen von sich geben. Es sei aber häufig eine Distanz gegenüber Ausländern zu spüren. „In vielen gesellschaftlichen Bereichen sind Migranten integriert. Aber gerade Christen bleiben in ihren Gemeinden oft unter sich“, sagte Junge. Wenn Menschen in Deutschland eine andere Kultur pflegen, löse das mitunter Unbehagen aus: „Wir denken dann: Die sind so anders“, sagte Junge. „Im Urlaub finden wir das immer faszinierend, aber wenn hier jemand so ist, finden wir es komisch.“ Dabei sei es wichtig, sich klar zu machen, was die eigene Kultur ist und worin es Unterschiede zur derjenigen anderer Menschen gebe. Kultur entwickle sich aus bestimmten Wertvorstellungen und nicht jedem sei dasselbe wichtig. In Deutschland sei es beispielsweise kein Problem, andere auf Fehler hinzuweisen und auch negative Dinge direkt anzusprechen. Menschen aus anderen Ländern empfänden dies als brüskierend. Auch Körperkontakt, Kleidung oder das Verhältnis zwischen Männern und Frauen werde kulturell unterschiedlich gestaltet.

Mission ohne Risiko

Eine Schwierigkeit für Migranten in Deutschland sei auch der Stellenwert von Zeit und Terminen. Gerade für Menschen aus Afrika oder Asien sei es wichtiger, soziale Beziehungen zu pflegen, als sich strikt an terminliche Absprachen zu halten. „Wir können Unpünktlichkeit nicht immer tolerieren. Aber wir können verstehen, dass diese Menschen von einem anderen Hintergrund herkommen. Sie müssen aber auch verstehen, dass sie jemandem weh tun, wenn sie zum Beispiel Termine nicht einhalten“, sagte Junge. Oft lernten Migranten auf lieblose Weise, was deutsche Pünktlichkeit bedeute. Christen könnten es ihnen so erklären, dass sie sich nicht abgelehnt fühlen. Junge ermutigte die Seminarteilnehmer dazu, mit Migranten über den Glauben zu sprechen. Wer Menschen anderer Kulturen von Jesus erzählen möchte, müsse dafür nicht in ferne Länder reisen. „Im Missionsbefehl im Matthäusevangelium heißt es: ‚Geht hin macht zu Jüngern alle Völker.‘ Wenn die Völker hier sind, liegt die Arbeit vor Ort.“. In Deutschland seien Menschen anderer Kulturen leichter mit dem Evangelium zu erreichen als in ihren Herkunftsländern. Vom Glauben zu reden sei hier nicht mit dem Risiko verbunden, verhaftet oder getötet zu werden – ganz abgesehen von den organisatorischen Herausforderungen, die ein Auslandsaufenthalt mit sich bringe.

„Muslime sind offen für Gespräche über Gott“

Gerade Muslime seien offen für Gespräche über Gott, die Bibel und Jesus. Sie achteten die Bibel und erkennten Mose, David und Jesus als große Propheten an, erklärte Junge. „Sie denken nur, wir sehen die Sache mit Jesus falsch: dass Gott etwas mit Maria gehabt hätte und daraus Jesus entstanden sei. Sie meinen, Jesus vor solchen Gedanken schützen zu müssen.“ Deshalb sollten Christen nicht sofort sagen: Jesus ist Gottes Sohn. Das würden Muslime falsch verstehen. Es sei besser, mit Muslimen über Gott zu reden und darüber, was Jesus gesagt und gelehrt hat. Theologische Zusammenhänge würden sich ihnen später erschließen. „Viele Muslime glauben auch, dass Christen gar nicht beten. Es ist interessant für sie zu wissen, dass wir das doch tun. Sie akzeptieren es oft auch, wenn Christen für sie beten.“ Wichtig sei es, Menschen mit einer anderen Religion und Kultur zu respektieren und sich für sie zu interessieren. Um Kontakt zu Migranten zu bekommen, schlägt Junge Gemeinden vor, zum Beispiel Deutschunterricht oder Hausaufgabenhilfe anzubieten. Christliche Feste wie Ostern oder Weihnachten könnten Gemeinden international gestalten und dadurch auch Migranten mit einbeziehen. Für Menschen aus Afrika und dem Orient spiele auch Gastfreundschaft eine wichtige Rolle. Wer sich von ihnen einladen lässt oder sie zu sich einlädt, erweise ihnen Ehre. Auch Hilfe von ihnen anzunehmen zeige ihnen, dass sie wertgeschätzt sind. „Migranten sollen erleben, dass bei uns Christen etwas anders ist“, sagte Junge – „und dass sie geliebt sind.“ Spring findet 2014 zum fünften Mal in Willingen im Upland statt mit rund 3.000 Teilnehmern. Insgesamt ist es das sechzehnte Gemeindeferienfestival. Träger von Spring ist die Deutsche Evangelische Allianz. Das Festival geht noch bis Samstag. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/kultur/veranstaltungen/detailansicht/aktuell/christliches-festival-spring-eroeffnet-87929/
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