1890 war alles besser

Früher war alles besser. Das muss ein Theologieprofessor in dem Film „Die Zeitreise“ feststellen, der aus dem Jahr 1890 in unsere heutige Zeit reist. Entsetzt muss der vorbildliche Christ feststellen, dass die Moral im Jahr 2000 den Bach runtergeht und die Sitten verfallen. Die Kinder hören zu laut Fernsehen, und in Kinofilmen wird geflucht. Eine Filmkritik von Jörn Schumacher
Von Jörn Schumacher
Der Spielfilm „Die Zeitreise – Ein Blick in die Zukunft ändert alles“ verfrachtet einen Theologie-Professor aus dem 19. Jahrhundert ins Jahr 2000

Der Professor Russell Carlisle von einer Bibelschule bekommt durch eine Zeitmaschine die Gelegenheit, in die Zukunft zu reisen. Der Film spielt sehr anschaulich durch, zu welchen lustigen Begegnungen das erwartungsgemäß führt. Für dieses Gedankenspiel nimmt sich „Die Zeitreise“, der bereits 2002 produziert wurde und nun in deutscher Sprache auf DVD erschienen ist, mit viel Liebe zum Detail erfreulich viel Zeit.

Professor Carlisle beobachtet die seltsame Welt der Zukunft und muss feststellen, dass die Menschen ohne Christus leben, die Scheidungsrate hoch und die Kinder frech sind und tun was sie wollen. Carlisle jedenfalls kommt es so vor, als sei die Welt so sündig „wie zur Zeit Noahs vor der Sintflut“.

Die Gemeinde, die er findet, ist weniger auf die klare Botschaft von der Umkehr als vielmehr auf ein buntes Freizeitangebot ausgerichtet – mittwochs Kino, donnerstags Golf. Bei seinem Besuch in einem modernen Kino rennt der Professor nach kurzer Zeit aus dem Saal und ruft dem Personal zu: „Halten Sie diesen Film an! Der Mann auf der Leinwand hat den Namen Gottes gelästert!“ Das wirkt komisch, muss aber von den Filmemachern nicht unbedingt so gemeint sein. Als Gastredner in einer staatlichen Schule muss Carlisle erfahren, dass es mittlerweile verboten ist, in der Schule von Gott und der Bibel zu reden. Eine Freundin klärt ihn auf: „Wir sind Teil einer Gesellschaft, die zum Großteil ohne Jesus Christus und sein Wort lebt. Und was schlimmer ist: Die Menschen verlassen sich auf ihre eigene Tugend, um die Erlösung zu erreichen. Als wenn sie sich den Himmel verdienen könnten, den Gott uns durch Christus schenkte.“

Unterhaltungsindustrie ist Satans Werkzeug

Einen Seitenhieb auf die Medien gibt es auch: Die Medien, vor allem die Filmwirtschaft, hätten große Macht und Einfluss auf die Gesellschaft, stellt die Freundin fest: „Ich glaube, die säkulare Unterhaltung ist eines von Satans größten Werkzeugen, um die Menschen zu verführen. Er desensibilisiert uns dadurch. Mord, Gewalt, sexuelle Freizügigkeit, was auch immer. Langsam aber sicher wurde die Sünde für uns akzeptabel, weil wir sie immer und überall sehen können.“ Sie arbeitete früher selbst beim Film, erkannte aber die „Leere“ in diesem Job, büßte, und wurde brav Bibliothekarin. Ein bisschen klingt heraus, dass im Kino früher (in den 30er Jahren?) Jesus allgegenwärtig war und die herrliche Zeit der staatlichen Zensur herrschte. Heute aber kann jeder machen, was er will, und siehe da: Im Film gibt es nur Sünde.

Der Film „Die Zeitreise“ erzählt sehr schön und mit guten Schauspielern nach, wie es wäre, wenn ein strenggläubiger, aufrichtiger Theologe des vorletzten Jahrhunderts in unsere Zeit versetzt würde. Und das Gedankenspiel kann zu wertvollen Erkenntnissen führen, vor allem was die Seichtigkeit des Glaubens in christlichen Gemeinden angeht. Allerdings verbohrt sich die Botschaft des Films auf die moralische Verurteilung von Sitten, und der höchste Anwalt der Anklage ist dabei Jesus höchstpersönlich. Diese Sicht auf den christlichen Glauben kann bei dem einen oder anderen Zuschauer Zahnschmerzen auslösen. Der Theologieprofessor mischt sich in private Angelegenheiten, rügt zwei Teenager, die ein Wochenende ohne ihre Eltern verbringen wollen, und einem Mädchen, das sich einen Spaß erlaubt und ihm den Hotdog stiehlt, hält er eine Predigt über die Sünde des Diebstahls. Was anfangs noch ein wenig augenzwinkernd rüberkommt, wird zunehmend zur bitterernsten Predigt vom baldigen Untergang der Welt.

Gab es früher weniger Sünde?

Die Predigt von Moral sollte immer gut mit Jesus vermischt sein, und umgekehrt, das ist die Hauptbotschaft des Filmemachers Rich Christiano, der auch das Drehbuch schrieb. Einem Kind, das stiehlt, sollte man nicht nur sagen, dass Diebstahl falsch ist, sondern, dass Jesus höchstpersönlich Diebstahl verbietet. Von einer Erlösungspredigt, nach der Jesus eben nicht ein weiterer Prediger von Moral war, sondern die Antwort auf den Mangel an Moral, keine Spur. Aber so lernt ein kleiner Junge gleich nach Carlisles Rückkehr von ihm: Jesus hat gesagt, wir dürfen keine Murmeln stehlen. Und theologisch wackelig geht es weiter mit: „Jesus ist unser Gott. Er hat uns erschaffen.“

So unterhaltsam der Film dank eines gut gemachten Settings auch anfangs ist, man möchte den zeitreisenden Professor aus dem Jahr 1890 gerne fragen: Glauben Sie wirklich, Nicht-Christen könnten nicht auch gute Moralprediger sein, und war Ihre Zeit wirklich so viel besser? Die Amerikaner waren damals gerade fleißig dabei, die Indianer gewaltsam aus ihren Territorien zu vertreiben, 300 Sioux wurden 1890 beim Massaker von Wounded Knee getötet, Armut breitete sich wegen einer zunehmenden kapitalistischen Ausbeutung sozial Schwacher immer weiter aus. 1890 wurde erstmals ein Mensch auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet, und ob Prostitution und Trunksucht oder ungehorsame Kinder wirklich so viel seltener waren als heute, ist fraglich. Vielleicht sind es dann doch eher kulturelle Unterschiede, die den Schock ausmachen und jemanden, der aus heutiger Zeit ins Jahr 1890 reiste, wünschen lassen würden, er könne schnellstmöglich zurück in die Zukunft.

„Die Zeitreise – Ein Blick in die Zukunft ändert alles“, DVD, 95 Minuten, Freigegeben ab 6 Jahren, Great Movies / Gerth Medien, 14,99 Euro

Von: Jörn Schumacher

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Eine Antwort

  1. Eine sehr treffende Beschreibung des Film mit ebenso treffendem Fazit: 1890 war es nicht „moralischer“. Was aber bleibt bei diesem Film ist das Nachdenken darüber, was mit einer gottlosen Gesellschaft passiert, in der sich jeder selbst der Nächste ist.

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