Vater-Sohn-Konflikt in der Wüste

Der kolumbianische Regisseur Rodrigo Garcia hat mit „40 Tage in der Wüste“ einen etwas erratischen Film gedreht, der angelehnt ist an den biblischen Bericht von der Versuchung Jesu in der Wüste. Hauptsächliches Kuriosum: Der schottische Schauspieler Ewan McGregor spielt sowohl Jesus als auch den Teufel. Eine Filmkritik von Jörn Schumacher
Von Jörn Schumacher
Der schottische Schauspieler Ewan McGregor verkörpert in dem Film „40 Tage in der Wüste“ sowohl Jesus als auch den Teufel

In dem Independent-Film aus dem Jahr 2015, der am Donnerstag in die deutschen Kinos kommt, schlägt sich Jeshua (der hebräische Name für Jesus) 40 Tage lang durch die Wüste. Er fastet und betet, er sucht Gott, aber finden kann er ihn nicht so recht. Gespielt wird er von Ewan McGregor, der vor allem für seine Rolle des Heroin-Süchtigen Renton im Film „Trainspotting“ (1996) und als junger Obi-Wan Kenobi aus der Star-Wars-Reihe bekannt ist. Er spielt zugleich den Teufel, der immer wieder neben Jeshua auftaucht und ihm Lügen einflüstern will. Damit hat es sich aber auch schon mit den Parallelen zur Bibel.

Im Matthäus-Evangelium lesen wir davon, dass Jesus während seiner 40 Tage langen Fastenzeit vom Teufel dazu aufgefordert wird, aus Steinen Brot zu machen; ebenso stellte der Teufel ihn auf die Zinne des Tempels und forderte ihn auf, sich hinabzustürzen, denn Gott werde ihn schon auffangen. Schließlich will der Teufel auf einem Berg, dass Jesus sich niederwirft und ihn anbetet. Von alledem zeigt der Film „40 Tage in der Wüste“ nichts. Jeshua ist vielmehr schlicht „der heilige Mann“, der etwas ratlos wirkt und im Gebet partout nicht Gottes Willen erkennen kann. Mit dem Teufel unterhält er sich hin und wieder angeregt am Lagerfeuer über – im wahrsten Sinne – Gott und die Welt.

Dass McGregor zugleich denjenigen verkörpert, der versucht, und den, der versucht wird, ist ein geschickter Kniff des Regisseurs. Schließlich muss es nicht immer eine andere Person sein, die uns in Verschung führt. Oft sind es gerade die eigenen Gedanken, die einen verwirren und dazu verleiten, Lügen Glauben zu schenken. Der Teufel versucht, Jeshua die Lüge über Gott ins Ohr zu setzen: „Er macht sich über dich lustig. Er liebt sich selbst, sonst nichts.“

Schöne Bilder aus der kalifornischen Wüste

Die Geschichte verlässt das biblische Vorbild vollends, als „der heilige Mann“ Jeshua mitten in der Wüste auf eine Familie trifft, bestehend aus Vater, Mutter und Sohn. Er arbeitet eine Weile bei ihnen, lernt sie kennen und durchschaut vor allem das Familiengefüge. Die Mutter ist todkrank, der Vater ist nicht der leibliche Vater des Sohnes, der wiederum Gewissensbisse hat, weil er die Familie verlassen will. Aber er ist gewiss: „Ich bin kein schlechter Sohn.“ Thema des Films ist denn auch das Verhältnis eines Vaters zu seinem Sohn. Sowohl zwischen Jeshua und seinem (himmlischen) Vater läuft es gerade nicht bestens, und auch zwischen dem Vater (gespielt vom irischen Schauspieler Ciarán Hinds) und dem Sohn der Familie in der Wüste liegt einiges im Argen.

Gott scheint bei alledem fern zu sein. Und auch eine Kreuzigungsszene am Schluss des Films kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier die biblische Geschichte von Jesus nur grobe Vorlage für eine eigene Fantasie des Kolumbianers Garcia war. Der Film lebt von schönen Bildern, gedreht wurde in der kalifornischen Wüste. Allerdings ist der Erzählstil eher langsam und damit nichts für Ungeduldige. Und da die Geschichte, die hauptsächlich den Vater-Sohn-Konflikt im Zentrum hat, frei erfunden ist, sollten bibelfeste Zuschauer nicht allzuviel Erbauliches erwarten. (pro)

40 Tage in der Wüste, 98 Minuten, Kinostart am 13. April 2017, freigegeben ab 12 Jahren, Regie: Rodrigo García

Von: js

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