Hollywood weiß, wie Exorzismus geht

Horrorfilme haben oft eine seltsam enge Verknüpfung zu biblischen Themen. Dämonen, die schon die Bibel kennt, müssen vertrieben werden – oft mittels Bibelversen; Engel werden angerufen zur Rettung. Der Exorzismus-Film „Erlöse uns von dem Bösen“ des Horror-Meisters Scott Derrickson ist nicht anders. Er greift tief in die Trickkiste und verfehlt seinen gewünschten Effekt nicht. Eine Filmkritik von Jörn Schumacher
Von Jörn Schumacher
Ausschnitt aus dem aktuellen Exorzistenfilm „Erlöse uns von dem Bösen”

Der Exorzismus-Film ist ein Filmgenre, das knapp unterhalb des Mainstreams seit Jahrzehnten bunt sprießt. Es gibt genug Menschen, die es genießen, sich im Kinosessel oder auf dem Sofa vor dem Übernatürlichen zu fürchten, das zum Schluss des Films von einem Pater besiegt wird. Dabei bedienen sich die meisten klassischen Horror-Filme der immer gleichen filmischen Tricks. Und doch funktionieren sie immer wieder. Beim Exorzismusfilm stehen fast immer christliche Symbole im Vordergrund, seien es das Weihwasser oder das Kruzifix. Was die Filmtitel angeht, sind wahrscheinlich bereits so gut wie alle Zeilen aus dem Vaterunser schon mindestens einmal verwendet worden. In „Erlöse uns von dem Bösen“, der am Donnerstag in den deutschen Kinos startete, wird sogar fleißig über Glauben, Sünde und Erlösung diskutiert.
Im Mittelpunkt stehen der New Yorker Polizist Ralph Sarchie (Eric Bana) und der junge Priester Mendoza. Der Cop verzweifelt angesichts des Bösen, das er jeden Tag mitansehen muss, weil Menschen anderen böse Dinge antun. Der Pater Mendoza meint zu wissen, woher diese Untaten rühren. Er erklärt dem Polizisten: Es gibt zwei Sorten des Bösen; zum einen ist da das sekundäre Böse, nämlich das, was Menschen anrichten. Zum anderen gibt es das „primäre Böse“. Und das letztere kann auch der stärkste Cop New Yorks nicht mit menschlichen Mitteln bezwingen. Dafür benötigt er übermenschliche Hilfe.
Sarchie bekommt es mit drei düsteren Männern zu tun, die allesamt 2010 als US-Soldaten im Irak im Einsatz waren. In einer dunklen Höhle sind sie offenbar mit dem Bösen in Kontakt gekommen. Seitdem begehen sie in New York Verbrechen der übelsten Sorte. Dabei töten sie nicht einfach nur, sondern bringen ihre Akte in einen dämonischen Zusammenhang. Nachdem zwei von ihnen bereits starben, muss sich Sarchie um den letzten und stärksten Gegner kümmern, einen Anstreicher namens Santino. Sarchie verbündet sich schließlich mit dem Geistlichen Mendoza, lässt sich von ihm in die Geheimnisse des Exorzismus einführen und begibt sich auf die Jagd nach dem Bösen, das ganz schlimm von Santino (meisterhaft gespielt von Sean Harris) Besitz ergriffen hat. Ein wenig amüsant wirkt die Tatsache, dass der Film, der auf dem Roman „Beware the Night“ von Ralph Sarchie und Lisa Collier Cool basiert, den Anspruch erhebt, auf tatsächlichen Berichten eines New Yorker Polizisten zu beruhen. Aber warum nicht?, könnte ein Christ fragen, wenn er seine Bibel gelesen hat, die sehr wohl von manifestiertem Bösen berichtet, das Jesus besiegt hat, warum sollte es heute keine Besessenheit mehr geben?

Horrorfilm mit Gruselgarantie

Regisseur Scott Derrickson hat das Rad auch hier nicht neu erfunden. Der Amerikaner hat sich schon früher im Genre bewegt: 2005 drehte er „Der Exorzismus von Emily Rose“, es folgte „Sinister – Wenn Du ihn siehst, bist Du schon verloren“ (2012), ein Horrorstreifen um übernatürliche Kräfte, und auch „Hellraiser: Inferno“ von 2000 handelte von einem Cop, der durch die Hölle geht.
In „Erlöse uns von dem Bösen“ wird der Zuschauer mit eingeweiht in die Theorien über das Böse und wie es bezwungen werden kann. Da ist zunächst der zweifelnde Polizist, der – wie alle – natürlich erst kein Wort von den Spukgeschichten glaubt. Doch Pater Mendoza schafft es, ihn von der Realität des personifizierten Bösen zu überzeugen. An diesem Punkt können viele Christen sicherlich mitgehen. Und auch auf dem Lösungsweg könnten sich Horror-Fans und Gläubige begegnen: Der Urgrund für das Böse in der Welt ist die Sünde. Und nur wer seine Sünden bekennt und vom Bösen ablässt, kann es überwinden. So muss sich der Polizist Sarchie dem Pater offenbaren, er kehrt zurück in den Schoß der Mutter Kirche, beichtet, und das Böse muss weichen.
Dass es in Filmen dieser Art fast immer explizit die Katholische Kirche sein muss, die sich dem Teufel im Leib des Opfers (meistens ein kleines Mädchen) entgegenstellt, gehört wohl zu den Regeln des Genres, das zu brechen sich selten ein Regisseur traut. Genau so wie der Ablauf des Exorzismus immer grob in bestimmten Bahn verläuft. In „Erlöse uns von dem Bösen“ wird der Prozess penibel in 5 „Stufen“ aufgedröselt. Wann das Weihwasser zum Einsatz kommt, wann das Kruzifix, und wann welcher (natürlich lateinische) Spruch aufgesagt werden muss, ist wohl seit dem Kultfilm „Der Exorzist“ von 1973 ein ungeschriebenes Gesetz.
Der Film ist nicht zu empfehlen – dafür geht „Erlöse uns von dem Bösen“ zu sehr an die Substanz. Der Exorzismus im letzten Drittel des Filmes geht zur Sache und ist nichts für schwache Nerven. Wer christliche Erbauung sucht, sollte einen Bogen um den Film machen. Wer aber Fan des Genres ist und einen Horrorschocker mit allen bekannten Gruseleffekten sucht, liegt hier nicht falsch. (pro)

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