Sex und Gewalt in Filmen ab zwölf: Hat die FSK versagt?

Das FSK-12-Siegel ist jugendgefährdend, urteilt die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS). Ein Film-Test der Redaktion ergab: In 46 von 100 Filmen ab zwölf Jahren kommen explizite Gewalt- und Sexszenen oder obszöne Sprache vor.

Von PRO

Filme wie "Das Parfum", "Der Vorleser" oder "Herr der Ringe – Die Gefährten" fielen im Test der FAS-Jury durch. Zwölf Mitarbeiter der Redaktion hatten 100 Filme geschaut, die die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) ab zwölf Jahren freigegeben hatte. Nach Urteil des journalistischen Gremiums enthielt knapp die Hälfte der geprüften Filme Szenen, die zwölf Jahre alte Kinder und ältere ängstigen, verstören oder gar traumatisieren können.

Hälfte der Filme zeigt Sex oder Gewalt

Die FAS beurteilte nach drei Kriterien: Wieviel explizite Gewalt kommt vor? Wie wird Sexualität präsentiert? Wie ist die Sprache des Films? Im Film "Hautnah" etwa komme das Wort "ficken" praktisch ständig vor. Rüde Dialoge über sexuelle Handlungen seien schon zu Beginn des Films zu hören, erklärt die Redaktion, weswegen dieser Film ihrer Meinung nach nicht ab zwölf freigegeben sein dürfte. Im ebenfalls ab zwölf eingestuften "Das Leben des David Gale" sei eine nackte, mit Hämatomen übersäte Frau zu sehen, deren Kopf in einer Plastiktüte stecke und die in langen Einstellungen gegen den Erstickungstod kämpfe. Auch das Bild der nackten Leiche werde mehrmals gezeigt.

Im Film "Das Parfum", der die Geschichte eines Serienmörders erzählt, sähen Zwölfjährige unter anderem, wie eine Katze gekocht, ein ermordetes nacktes Mädchen in einem Glasbehälter "destilliert" und ein weiteres vom Mörder mit Tierfett eingestrichen, in Leinen gewickelt und das Fett schließlich mit einer Sichel abgeschabt werde. Das grüne FSK-Zeichen sei eher ein Hinweis darauf, dass der so gekennzeichnete Film für Kinder keinesfalls geeignet sei, urteilt die FAS nach ihren Stichproben über das Siegel, und weiter: "Chance: eins zu eins. Steht FSK 12 drauf, bedeutet das: Finger weg, wenn einem etwas an den Kindern liegt."

"Es hat vermutlich mit Geld zu tun"

Die FAS vermutet, die ihrer Meinung nach viel zu lauen Einstufungen hätten "vermutlich mit Geld zu tun" und erklärt die Funktionsweise der Selbstkontrolle: Filme, die in Deutschland nicht zur Kontrolle eingereicht werden, erhalten automatisch das Siegel FSK-18. Deshalb lässt die Filmindustrie die meisten Filme kostenpflichtig prüfen – die FSK finanziert sich über die gestellten Anträge. Ab zwölf wird ein Werk dann eingestuft, wenn es "die Entwicklung von Kindern dieser Altersklasse nicht stört". Die Einstufung ist für die Filmindustrie enorm wichtig: Je niedriger ein Film in der Alterskategorie eingestuft wird, desto mehr Besucher können ihn sich im Kino ansehen. Außerdem dürfen Filme ab zwölf Jahren im TV um 20 Uhr laufen und nicht erst um 22 Uhr wie im Falle von FSK-16 und -18.

Deutschlandweit gibt es 260 FSK-Prüfer, erklärt die FAS. In Gruppen von sieben Personen schauen sie regelmäßig Filme an und entscheiden über die Altersfreigabe. Die Gremien setzen sich aus drei Vertretern der Filmindustrie und vier Beauftragten von Staat, Kirche und anderen Einrichtungen zusammen. Nachdem die Prüfer den Film gesehen haben, stimmen sie über die von der Produktionsfirma vorgeschlagene Altersfreigabe ab. Die Mehrheit entscheidet.

FSK: "Kinder vertragen heute mehr"

FSK-Geschäftsführerin Christiane von Wahlert rechtfertigt die Einstufung der Filme ab zwölf gegenüber der FAS. Kinder vertrügen heute mehr als früher, sagt sie, und weiter: "Es gibt Studien, die sagen, dass es für Jungen und Mädchen heute eine Selbstverständlichkeit sei, fünf, sechs Medien gleichzeitig zu nutzen, Bilder zu sehen und zugleich zu wissen, dass diese Bilder gemacht sind." Der Koordinator der Filmarbeit der Deutschen Bischofskonferenz, Peter Hasenberg, meint: "Man weiß, dass Jugendliche mit zwölf Jahren schon ziemlich viele Sachen kennen. Sie können klar zwischen real und fiktional unterscheiden."

Der Leiter des Referats für Medien und Publizistik bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Udo Hahn, wünscht sich hingegen, dass die Altersfreigabe der FSK zusätzlich mit Erläuterungen versehen wird. Der FAS verriet er, dass er eine evangelische Plattform plant, die Filme hinsichtlich der vermittelten Werte einstuft.

Eltern können auch selbst Einfluss auf die FSK nehmen. Das zeigt der Fall "Keinohrhasen", ein Film aus dem Jahr 2007. Er war zunächst ab sechs Jahren freigegeben. Mehr als 300 Eltern schrieben laut FAS empörte Briefe an die FSK. Schließlich wurde er auf zwölf Jahre hochgestuft. Im FAS-Test ist er dennoch durchgefallen – die Redaktion hält den Streifen, der besonders durch seine derben Dialoge polarisiert, noch nicht mal als für Zwölfjährige geeignet. (pro)

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