In tödlicher Mission oder missionarisches Töten? – Der neue „Rambo“-Film

Rambo ist der härteste aller Action-Helden. Mit Maschinengewehr oder Kampfmesser metzelt die Kampfmaschine mit bulligem Oberkörper seit 1982 das Böse nieder. Nun bereits zum vierten Mal: seit Donnerstag läuft "John Rambo" in den deutschen Kinos. Doch dieses Mal wollte der strenge Katholik Sylvester Stallone einen Brutalo-Film mit christlichem Bezug machen, hatte er angekündigt.
Von PRO

Fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit tobt in Myanmar, ehemals Birma, ein Bürgerkrieg. Seit 60 Jahren unterdrücken die Militärmachthaber verschiedene ethnische Minderheiten. Stallones neuer Action-Film spielt in diesem vom Bürgerkrieg geschüttelten Land. Der Einstieg in den Film versucht, die derzeitige Situation in Bilder zu fassen: seit Jahrzehnten leiden die unterdrückten Minderheiten unter Zwangsarbeit, Folter, Vergewaltigungen und dem Einsatz von Kindersoldaten. Auch der Stamm der Karen, der überwiegend aus Christen besteht, soll ausgerottet werden. Die Karen machen rund 6 Prozent der Bevölkerung aus. In den 60er Jahren wurden alle christlichen Missionare aus Myanmar ausgewiesen; erst kürzlich wurde bekannt, dass die christliche Religion in Myanmar ausgerottet werden soll.

Im Film kommen eine Handvoll christlicher Missionare einer Kirche aus Colorado auf Rambo zu und bitten ihn, sie zu begleiten, wenn sie Bibeln und Medizin ins Land bringen. Doch Rambo ist nicht nur der beste Kämpfer der Welt, der lange Jahre im Dienste seines Vaterlandes getötet hat, sondern auch ein Mann mit festen Überzeugungen. Das Töten wird nie ein Ende haben, weiß er. Und eigentlich hat er damit abgeschlossen. Ein wenig scheint aus der Resignation Stallone selbst zu sprechen, denn in einem Interview mit der Zeitschrift „Cinema“ sagte der 61-Jährige, die Menschen würden wohl immer Kriege führen. „Die Menschen lernen nicht dazu. Egal, wie sehr sie sich anstrengen, nach einer Weile haben sie sich in der Wolle.“ Kriege seien nun einmal einfacher zu führen als Verhandlungen.

Rambo kämpft für unterdrückte Christen

Soldaten jagen sechs Arbeiter über ein Reisfeld. Vorher hat einer von ihnen einige Minen wahllos auf das Feld geworfen, so dass es mindestens einen der Rennenden erwischen wird. Es ist ein brutaler Einstieg in den Film. Doch es kommt noch schlimmer. Zum Glück ist der Film erst ab 18 freigegeben, denn die Dinge, die gezeigt werden, sind nichts für schwache Nerven. Dieser „Rambo“, in dem Sylvester Stallone nicht nur die Hauptrolle übernahm, sondern auch Regie führte und das Drehbuch schrieb, und der nach 20 Jahren Pause der letzte in der Reihe sein dürfte, ist besonders tödlich: 236 Tote zählte die „Los Angeles Times“. Pro Minute sterben 2,6 Menschen, mehr als in in allen drei Vorgängern zusammengenommen.

Doch wer in den neuen „Rambo“-Film geht, wird wissen, worauf er sich einlässt. Rambo ist nicht Insepktor Colombo, der mit Logik und einem zerknitterten Mantel ermittelt. Rambo ist der Inbegriff des Ballermanns mit nacktem Oberkörper, der das Maschinengewehr sprechen lässt, wenn Worte aus irgendwelchen Gründen ausgegangen sind. Umso mehr hat es verwundert, als Sylvester Stallone im März letzten Jahres ankündigte, sein neuer Streifen werde christliche Töne anschlagen. Ja, selbst Rocky, Rambos verschwitzer Bruder aus dem Box-Ring, ebenfalls eine unsterbliche Figur Stallones, hat im letzten Film gelernt, dass nicht nur der fleischliche Kampf wichtig ist, sondern auch der geistliche.

Die Gruppe Christen, die sich voll guten Willens in die Hölle aufmacht, um Gebetsbücher und medizinische Hilfe zu bringen, wird von den Militärs entführt und gequält. Wer rettet sie? Rambo verdient sich – welche Symbolik! – inzwischen ein Zubrot, indem er gefährliche Schlangen mit bloßen Händen fängt. Ist er derjenige, der der Schlange Myanmars den Kopf zertreten wird? Auf jeden Fall war Rambo immer der Held, der jenseits des Gesetzes für die Leidenden gekämpft hat. Ein Mann für alle Fälle, der Unterdrückte erlöste, wenn gar nichts anderes mehr half. Und diese Killermaschine wollte Sylvester Stallone ein letztes Mal dort einsetzen, wo die Ungerechtigkeit zum Himmel schreit. Ein Zufall, dass es unterdrückte Christen in Myanmar sind, von denen kaum jemand in der Welt etwas mitbekommt?

Töten, um Töten zu stoppen? Rambo hat nichts anderes gelernt

Die Christen sind der festen Überzeugung, dass man niemanden töten dürfe, auch nicht die Bösen. Töten jedoch ist Rambos Profession. Und so kommt er in einen Konflikt, der so alt ist wie die Menschheit selbst: Darf man töten, wenn man dadurch Töten verhindern kann? John Rambo sei ein „Grenzfall-Atheist“, sagte Stallone über seine Kunstfigur. „Er glaubt an absolut gar nichts mehr.“ Die blonde Sarah schafft es schließlich, ihn mit den Worten „Da muss doch etwas sein, an das Sie glauben“ für die Unternehmung zu gewinnen. Unentgeltlich will er nun doch dabei helfen, das Töten in Myanmar zu mindern. Und sei es durch Töten.

Und so sind die Christen eine Zeit lang in kleinen armen Dörfern aktiv: auf der einen Seite predigt einer aus der Bibel, nebenan versorgt ein Arzt kranke Kinder. Kurz darauf folgt ein Gemetzel, das sich in ähnlicher Weise noch mehrmals im Film wiederholen wird, mit unterschiedlicher Rollenverteilung. Rambo kommt derweil angesichts der Christen ins Grübeln. All sein Töten „kann Gott nicht ungeschehen machen“, weiß er. Aber was für ihn wirklich zählt: „Lebe für nichts oder stirb für etwas.“ Also los, das Maschinengewehr feuert wieder, das Blut spritzt, und am Ende schweigen die Guten über den zahllosen Leichen der Bösen. Und auch Sarah muss ihr Weltbild ändern: ohne Rambos tatkräftigen Einsatz wären sie und ihre Gefährten schon längst tot.

„John Rambo“ ist ein Blutbad, wie man es aus jedem anderen Rambo-Film kennt – vielleicht noch etwas brutaler und realistischer. Aber dieses Mal wird es für christliche Missionare und für ein unterdrücktes christliches Volk veranstaltet. Nach dem Blutrausch kehrt Rambo endlich zu seinem Vater zurück, wenn auch nicht zu seinem himmlischen, dann doch zu seinem leiblichen, in Arizona. Die Moral von der Geschicht: Töten ist nicht gut, aber manchmal muss es eben sein. Und wenn Rambo im Namen einer guten Sache töten muss, macht er es sogar ein bisschen lieber. Einer muss die Drecksarbeit ja tun. Insofern unterscheidet sich der neue Rambo in keinster Weise von den alten.

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