Willi Germund: Westen erkennt islamische Bedrohung nicht

Der Westen hat bis heute nicht verstanden, worin die islamistische Bedrohung liegt. Das meint der Autor Willi Germund in seinem neuen Buch "Allahs Missionare". Es ist ein Appell, die Gefahr des Fundamentalismus ernst zu nehmen.
Von PRO

Der Asien-Korrespondent verschiedener Zeitungen Willi Germund berichtet in seinem Buch aus Afghanistan, Pakistan und Indien. Über die 190 Seiten zieht sich wie ein roter Faden die Warnung: Der Westen hat auch nach neun Jahren Militäreinsatz am Hindukusch noch nicht verstanden, wo die wahre islamistische Bedrohung liegt.

Die liege laut Germund in der Denkschule der islamischen Rechtschule Dar ul-Ulum Deoband, deren Ursprung sich in Nordindien befindet und die sich in den vergangenen Jahren rasant ausgebreitet hat. "Der Flächenbrand, den die Denkschule mit ihrer Ideologie des Heiligen Krieges entfacht, endet längst nicht mehr an den Grenzen der beiden Länder", schreibt Germund in Bezug auf Afghanistan und Pakistan. Inzwischen würden die Anhänger, die Deobandi, Moscheen sogar in Europa unterhalten.

Es sei ein Irrglaube westlicher Regierungen, den Extremismus in Afghanistan und Pakistan mit Truppen und Milliardenhilfen eindämmen zu können, so der Autor. "Denn der fundamentalistische, politische Islam, den die Taliban vertreten, ist mehr als nur eine fixe Idee einiger weniger Extremisten, die man nach Bedarf als ‚Terroristen‘ abstempelt. Er ist Teil einer weltweiten Bewegung, die den sunnitischen Islam von Indonesien bis Deutschland verändert und deren Speerspitze in Pakistan beheimatet ist."

In jeder der Reportagen, ob sie in Indien, Pakistan oder Afghanistan spielen, trifft der Leser wieder auf die Deobandi – sei es in Form von Mullahs, von Lehrern oder von Selbstmordattentätern. Ein Kapitel erzählt von einem Jungen, der als 14-Jähriger im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet zum Selbstmordattentäter ausgebildet wurde, heute aber auf Druck seines Vaters in der Garnisonsstadt Rawalpindi lebt. Der inzwischen 18-Jährige erzählt, wie er über eine Koranschule der Deobandi an die Taliban geriet, die den Jugendlichen und viele seiner Altersgenossen rekrutierten. "Für den Tod gibt es kein Mindestalter", schreibt Germund. Der Junge zeigt Germund einen Zettel, den ihm ein Unbekannter zusteckte. "Wir wissen, wo Du lebst", steht darauf. "Wir glauben, dass es besser ist, wenn Du bald wieder zurückkehrst." Der Text endet mit der Parole: "Tod den Ungläubigen."

Willi Germund wurde 1954 geboren, er ist Kriegsreporter und einer der profiliertesten Asienkenner im deutschsprachigen Raum. Er schreibt unter anderem regelmässig für die Basler und die Berliner Zeitung, für die Financial Times Deutschland, die Salzburger Nachrichten oder die Frankfurter Rundschau. Er berichtete über den Drogenkrieg in Kolumbien, von den Bürgerkriegen in Ruanda, Liberia und Somalia sowie aus Irak, Iran, Afghanistan und Pakistan. Zurzeit lebt er in Bangkok. (pro/dpa)

Willi Germund: "Allahs Missionare, ein Bericht aus der Schule des
Heiligen Krieges", DuMont Buchverlag, Köln, 190 Seiten, ISBN
978-3-8321-9524-3

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