Was glaubt Barack Obama?

Sein Glanz als politischer Messias ist längst schwächer geworden. Doch dass er den Friedensnobelpreis verliehen bekam, noch bevor er seine Versprechen wahrmachen konnte, zeigt: Noch immer hat der erste farbige Präsident der USA eine Sonderstellung im Ansehen der Menschen weltweit. Barack Obama wurde am Mittwoch 49 Jahre alt. Ein neues Buch untersucht seinen religiösen Hintergrund.
Von PRO

Schon während des Wahlkampfes, besonders aber bei seiner Wahl zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten, zeigte sich eine Begeisterung in der Bevölkerung und in den Medien, die ihres gleichen sucht: Obama wurde zur Lichtgestalt in der amerikanischen Politik, zum Messias stilisiert, der die konservative Politik seines unbeliebten Amtsvorgängers George W. Bush radikal wandeln würde. "Change" (Veränderung) hat es in vielen Bereichen noch nicht gegeben und viele Versprechen sind noch uneingelöst. Aber Obamas berühmter Schlachtruf "Yes, we can" ist zum Symbol für Hoffnung auf Veränderung in der Politik geworden.

Giorgio Bouchard, Pfarrer der italienischen protestantischen Kirche der Waldenser, hat ein Buch über den "spirituellen Weg" von Barack Hussein Obama geschrieben. "Was Barack Obama glaubt" ist vor kurzem im Neukirchener Aussaat Verlag erschienen. Es ist weniger eine Biographie, als vielmehr ein Puzzle aus persönlichen Aussagen Obamas und Analysen der "Black Theology", die ihn wesentlich geprägt  hat. "Wer ist dieser Mann? Woher kommen seine begeisternden Visionen?", fragt  Bouchard, der von 1962 bis 1971 Herausgeber der Zeitschrift "Gioventù evangelica" (Evangelische Jugend) und von 1988 bis 1994 Präsident der waldensischen Kirchenleitung war. Außerdem war der Geistliche Vorsitzender des Evangelischen Kirchenverbandes in Italien.

Koran und Vaterunser

Obama, der am 4. August 1961 geboren wurde, wuchs als Sohn einer nichtgläubigen Mutter auf, die jedoch tolerant gegenüber allen Religionen war. Sie brachte ihn dazu, heilige Schriften anderer Religionen zu lesen, die Bibel, den Koran, die hinduistische Bhagavad Gita und die Lehren des Buddha. Sein Vater stammte aus einer muslimischen Familie, war aber überzeugter Atheist. Später heiratete seine Mutter erneut, diesmal den Indonesier Lolo Soetoro, einen strenggläubigen Muslim. Er nahm Barack regelmäßig mit in die Moschee. "Um zu verhindern, dass Barack zu stark vom Islam beeinflusst wurde, schickte ihn seine Mutter zwei Jahre lang auf eine Schule, die von Nonnen geleitet wurde", schreibt  Bouchard. "Der Junge lernte somit Gebete wie das Vaterunser, das Gegrüßet seist Du Maria und kam mit verschiedenen Elementen des katholischen Glaubens in Berührung." Anschließend war Obama zwei Jahre lang auf einer Schule, in der das Koranstudium Pflicht war.

Später las er bekannte Autoren der Weltliteratur und Philosophen, aber vor allem zogen ihn die großen Autoren der schwarzen Bürgerrechtsbewegung wie Malcolm X und Martin Luther King an. Eine Zeitlang driftete Obama in Alkohol und Drogen ab. Es folgten Jahre des sozialen Engagements, das ihn schließlich zum Anschluss an die Gemeinde "Trinity United Church of Christ" brachte. Er war 24 Jahre alt, als er sich zum Eintritt in die Gemeinde taufen ließ.

Diese Kirche ist geprägt von einer Theologie, die auf Reinhold Niebuhr (1892–1971) und seinen "christlichen Realismus" zurückgeht. Dabei geht vom Glauben vor allem ein Impuls für soziales Handeln aus. "Die Fähigkeit des Menschen zur Gerechtigkeit macht die Demokratie möglich, seine natürliche Neigung zur Ungerechtigkeit macht sie hingegen notwendig", lautete ein Grundsatz Niebuhrs.

Viele schwarze Bürgerrechtler verbanden in der Zeit von Obamas Jugend ihr Engagement mit Religion. Viele Schwarze schlossen sich den "Black Muslims" an, einige den "Black Hebrew Israelites". Obama, der in die "Trinity United Church of Christ" von Pastor Wright ging, wurde vom schwarzen politischen Engagement der Kirche berührt. "Für ihn begann ein langsamer, doch tief greifender Prozess der Annäherung an den Glauben. (…) Das Annehmen des christlichen Glaubens deckte sich für Obama mit seiner Einbindung in die geistige und materielle Geschichte des afroamerikanischen Volkes. Er traf die Entscheidung, den Glauben anzunehmen und somit auch Teil eines Volkes zu werden, das aus gläubigen Menschen besteht." Obama berichtet von dieser Bekehrung: "Als ich dann in der Kirche unter dem Kreuz kniete, spürte ich den Geist Gottes in mir. Ich unterstellte mich Seinem Willen und machte es mir zur Aufgabe, Seine Wahrheit zu erkennen."

Während des Wahlkampfes wurde Obama wegen seiner langjährigen Nähe zu Pastor Jeremiah Wright kritisiert. Der wichtige Vertreter der "Black Theology" hatte in seinen feurigen, politischen Predigten in den Augen vieler über Amerika gelästert. Als der Druck zu groß wurde, distanzierte sich Obama im Wahlkampf von seinem ehemaligen Pastor.

"Christentum nicht der einzige Weg zu Gott"

Bezüglich seiner Bekehrung sagte Obama: "An jenem Sonntag im Jahr 1985 bin ich Christ geworden. Ich habe meinen Glauben an Jesus Christus, den Sohn Gottes, bekannt, der für meine Sünden gestorben und auferstanden ist. Doch ich glaube nicht, dass das Christentum der einzige Weg zu Gott ist." Er schreibt weiter, dass die "Goldene Regel" ("Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden möchtest") in den Schriften aller Weltreligionen auftauche, wenn auch stets in leicht abgewandelter Form. Obama sieht sich selbst zwar als Christ, aber gleichzeitig ist er stets offen für andere Religionen. Diese Liberalität spiegelt sich auch in seiner Politik wider. Er ist für die freie Entscheidung für Abtreibung und für eingetragene homosexuelle Partnerschaften, beides Punkte, welche die Republikaner um Bush bekanntermaßen ablehnen.

Diese und ähnliche strittigen Überzeugungen hätten in der amerikanischen Gesellschaft eine "Kluft" erzeugt, ist Obama überzeugt, die gelte es zu überwinden. Diese Spaltung verläuft maßgeblich auch zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen. Das Buch "Was Barack Obama glaubt" hilft dabei, den Präsidenten und seinen Glaubenshintergrund zu beurteilen und die Frage zu beantworten: Wie sehr ist der "Messias" der Politik vom Messias der Bibel beeinflusst?

"Was Barack Obama glaubt"
Neukirchener Aussaat Verlag
Juli 20120
ISBN-10: 3502150613
Preis: 9,90 Euro

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen