Comiczeichner Ralf König gegen Paulus

Für den Comiczeichner Ralf König schließen sich Homosexualität und Katholizismus aus. Dennoch sind es gerade diese beiden Themen, die ihn in seinem Werk hauptsächlich beschäftigen. Über seinen Ekel bei den Missbrauchsfällen in der Kirche und sein neues Buch über den Apostel Paulus sprach König mit der "Süddeutschen Zeitung".
Von PRO
Ralf König ist bekannt für seine Comics über Schwule. Berühmt wurde der Zeichner mit dem Buch "Der bewegte Mann", das der Regisseur Sönke Wortmann 1994 verfilmte. In den letzten Jahren widmete sich König mit den Büchern "Prototyp" und "Archetyp" verstärkt biblischen Themen. Zudem griff er wiederholt die Sexualmoral der katholischen Kirche an und warnte vor einer Renaissance der Religion. "Prototyp" ist seine Version der biblischen Geschichte von Adam und Eva. Dafür erhielt er im vergangenen Jahr auf der Frankfurter Buchmesse den Preis für den "besten nationalen Comic". Als die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (F.A.Z.) seine religionskritische Version der Geschichte Noahs, den "Archetyp", in diesem Jahr abdruckte, hagelte es empörte Leserbriefe.

Dem Comiczeichner, der am 8. August 50 Jahre alt wird, widmet das Schwule Museum Berlin noch bis zum 4. Oktober eine Retrospektive unter dem Titel "Ich komm mir vor wie ’ne Witzfigur! 50 Jahre Ralf König". Die "Süddeutsche Zeitung" befragte den Zeichner, was ihn dazu bewegt, immer wieder Sexualität und Kirche zu thematisieren.

Ihn hätten die Enthüllungen um den sexuellen Missbrauch in der Kirche nicht überrascht, sagt König. "Dass bei der Sexualmoral immer innerkirchlich fromm unter den Teppich gekehrt wurde, lag auf der Hand. Überrascht hat mich viel mehr, dass die Medien endlich mal richtig draufhauen." Er habe fast Ekel empfunden: "Diese Scheinheiligen, die ihren Lämmern predigen, wie sie mit ihrer Sexualität umzugehen haben (nämlich am besten gar nicht) und dann Kinder und Jugendliche begrabschen."

König stellt fest, dass es zwar nach den Skandalen eine erneute Welle von Kirchenaustritten gab, jedoch gleichzeitig auch ein verstärktes Interesse an Religion. "Aber auch an der Philosophie: Es ist eine Zeit der Sinnsuche. Das steht zu befürchten, wenn angesichts der Wirtschaftskrisen und Naturzerstörung die Not größer wird, dann schreien die Menschen reflexartig zu ihren Göttern und finden auch wieder ihre Sündenböcke." Er sei "pessimistisch, was die Aufklärung angeht". In seinem neuen Buch werde es auch um den Apostel Paulus gehen. Denn dem hätten wir "diese verkrampfte Sexualmoral vor allem zu verdanken", so der Zeichner.

"Ich suche ja auch meinen Sinn im Leben"


"Von schwulen Lesern höre ich öfter, früher hätte ich so lustige, freche, schwule Sachen gemacht und nun nur noch Religion", so König. "Aber für mich ist das gar kein großer Themenwechsel. Aus religiöser Ecke wurde immer gegen Homosexualität gehetzt, man lese nur den katholischen Katechismus zum Thema."

Es gebe in Europa zwar keine Scheiterhaufen mehr, aber viele Leute "zündelten" dennoch weiter gegen Schwule. "Allein der Glaube, dass es nicht von Gott gewollt ist, wenn Mann und Mann es miteinander tun, weil dabei ja keine Kinder rauskommen – das ist so eine einfache Gleichung. Und es steht in der Bibel, im Alten Testament und bei Paulus. Das hat sehr viel Leid gebracht."

König sagt, dass er in einem katholischen Dorf in Westfalen groß geworden sei, von seinen Eltern allerdings "zum Glück damit in Ruhe gelassen" worden sei. Auf die Frage, ob Schwulsein und Glauben sich ausschließen, antwortet König: "Ich habe nichts gegen Glauben, ich suche ja auch meinen Sinn im Leben, halte mich für einen spirituellen Menschen. Ich habe ein Problem mit kirchlichen Institutionen, weil die immer im Recht sind, weil sie Gott auf ihrer Seite wähnen. Und ich habe ein Problem mit heiligen Schriften. Diese Texte sind von Menschen geschrieben, die in völlig anderen Lebensumständen gelebt haben als wir. Ich verstehe überhaupt nicht, wie man diese Geschichten für historisch wahr halten kann. Und ich verstehe nicht, wie man schwul sein kann und katholisch." (pro)
http://www.sueddeutsche.de/kultur/2.220/im-gespraech-ralf-koenig-ich-empfinde-fast-ekel-1.976944
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