Schlechte Zeiten für die Pressefreiheit

In der Türkei sitzt ein deutscher Korrespondent in Haft, weil er seine Arbeit tat. Währenddessen bezeichnet US-Präsident Donald Trump Journalisten als Volksfeinde. Schlechte Zeiten für die Pressefreiheit. Ein Kommentar von Moritz Breckner
Von PRO
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan

Seit einer Woche sitzt der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel in der Türkei in Haft. Die Vorwürfe gegen den Korrespondenten der Tageszeitung Die Welt sind absurd: Die Behörden unterstellen ihm die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Weitaus wahrscheinlicher ist, dass Yücel seine kritische Berichterstattung über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zum Verhängnis wurde.

Yücel ist, das darf an dieser Stelle ehrlich gesagt werden, ein schräger Vogel, dessen Texte immer wieder die Grenze zu dem überschreiten, was man heute „Hassrede“ nennt. Dem Autor Thilo Sarrazin wünschte Yücel einst in einem taz-Artikel einen schweren Schlaganfall, Päpste sind für ihn „alte Säcke“. Das kann aber nicht herangezogen werden, um seine Inhaftierung zu relativieren oder gar zu rechtfertigen. „Wir sind Deniz“, bekannten seine Kollegen auf der Titelseite der Welt, und sie haben Recht: Die ungerechtfertigte Inhaftierung eines Journalisten geht alle in der Branche etwas an und zeigt, wie weit die Türkei von einer Annäherung an Europa entfernt bleibt.

Parallelen zwischen Türkei und den USA

„So fangen Diktaturen an – indem man die freie Presse unterdrückt“, erklärte der republikanische US-Senator John McCain am Sonntag. Er bezog sich allerdings nicht auf Erdogan, sondern auf US-Präsident Donald Trump. Der hatte auf Twitter über große Medienhäuser geschrieben: „Das sind nicht meine Feinde, es sind die Feinde des amerikanischen Volkes.“ Nun liegen Welten zwischen Trump und Erdogan, zwischen dem politischen System der USA und dem der Türkei, doch tun sich hier zumindest tendenziell beunruhigende Parallelen auf.

Trump und sein Team müssen einsehen, welchen Schaden derart dumme und gefährliche Aussagen des Regierungschefs in seinem Land anrichten. Natürlich gibt es im US-Journalismus Probleme, wie die oft linke Voreingenommenheit zahlreicher Redaktionen oder die mangelnde Trennung von Nachricht und Meinung. Das rechtfertigt es aber nicht, größtenteils integere Journalisten, eigene Landsleute, zu Volksfeinden abzustempeln. Erst recht verbietet sich so etwas für ein demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt. (pro)

Von: mb

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