Putins Maulkorb

Im Juni startet der Fußball-Confed-Cup in Russland. Akkreditierte Journalisten erhielten von der FIFA den Hinweis, sie dürften „ausschließlich“ über das Turnier und verwandte Ereignisse berichten. Ein krasser Eingriff in die Pressefreiheit. Ein Kommentar von Nicolai Franz
Von Nicolai Franz
Das FIFA-Hauptquartier in Zürich

Dass der Weltfußballverband FIFA nicht gerade eine Trutzburg von Rechtschaffenheit und Transparenz ist, ist keine Neuigkeit. Mit seinen internationalen Korruptionsaffären und mafiösen Strukturen erinnerte die Organisation eher an einen James-Bond-Bösewicht als an einen harmlosen Fußballclub. Daran hat sich auch nach dem unfreiwilligen Weggang Sepp Blatters wenig geändert. Sein Nachfolger Gianni Infantino fiel jüngst deswegen auf, weil er unliebsame Mitglieder der eigens eingerichteten „Ethikkommission“ absetzen wollte.

Der jüngste Skandal betrifft die Pressefreiheit. Beim Confed-Cup 2017 in Russland, einer Art Mini-WM mit mäßigem Prestigefaktor, dürfen die akkreditierten Journalisten „ausschließlich über den FIFA Konföderationen-Pokal 2017 und damit verbundene Ereignisse berichten“, so heißt es in der Akkreditierungsbestätigung der FIFA. Was bedeutet: Kritisches abseits des grünen Rasens ist unerwünscht. Keine Kritik an der Menschenrechtslage in Russland, nichts über den Ukraine-Konflikt und schon gar nicht über den russischen Präsidenten. Die Bild-Zeitung titelte folgerichtig: „Fifa kuscht vor Putin!“ Die Zeitung werde keinen Reporter nach Russland schicken, sollte die Pressefreiheit nicht gewährleistet sein.

FIFA rudert zurück

Dabei wäre es eigentlich die größere Überraschung gewesen, hätte Russland den Journalisten vor Ort Pressefreiheit nach westlichen Standards gewährt. Nicht umsonst liegt das Land auf der Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ auf Platz 148 von 180. Noch hinter Staaten wie Bangladesch, dem kriegsgeschüttelten Südsudan oder Gambia.

Nach massiver Kritik von Fußball-Funktionären, Politikern und Journalistenverbänden verschickte die FIFA eine Erklärung, die auch pro erhielt. Es handle sich um ein Missverständnis. Die Akkreditierung für den Confed-Cup gelte schließlich auch als Medienvisum, das die Einreise erleichtere: Akkreditierte Journalisten könnten „an den Spielorten und in den umliegenden Gebieten ohne jede Einschränkung frei arbeiten“. Wer auch woanders und über andere Themen berichten will, könne „jederzeit mithilfe des Standardverfahrens beim russischen Außenministerium ein Medienvisum beantragen“. Die FIFA ruderte also in einem Punkt zurück: Journalisten dürfen vor Ort auch über andere Themen als Fußball berichten. Es bleibt die Einschränkung, dass freie Berichterstattung nur an den jeweiligen Spielorten erlaubt ist.

Alles ein Missverständnis also? Nein. Die Formulierung der FIFA war eindeutig: „Ausschließlich“ über den Confed-Cup und damit verbundene Ereignisse solle berichtet werden – auch wenn der Verband nun, vermutlich nach Verhandlungen mit der russischen Regierung, zurückgerudert ist. Einmal mehr zeigt es sich, dass es ein Fehler ist, Sportveranstaltungen in autoritär geführten Ländern zu veranstalten. Der Vorgeschmack auf die WM 2018 – ebenfalls in Russland – und auf die WM 2022 im islamischen Land Katar, in der die Scharia die Gesetzgebung dominiert, könnte bitterer kaum sein. (pro)

von: nf

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