Selber denken ist gesund

Im Land der Dichter und Denker denken zu wenige Menschen selbst, stattdessen lassen sie sich fremdbestimmen, kritisiert ein Hirnforscher. Das ist fatal – nicht nur für die Meinungsvielfalt im Land, sondern auch für die Gesundheit. Ein Kommentar von Martina Blatt
Von PRO
Mitdenken und das eigene Leben in die Hand nehmen ist die Devise

Die Deutschen denken zu wenig selbst. Das stellt der Psychologe und Hirnforscher Ernst Pöppel in seinem neuen Buch „Traut euch zu denken“ fest. Er schätzt, dass nur rund zehn Prozent der Menschen selber denken und ihr Leben in die eigene Hand nehmen. In einem Interview der Zeitung Die Welt mahnt er, dass viele Menschen Ansichten und Meinungen anderer einfach übernehmen und diese nicht prüfend hinterfragen.
Auch wenn es die Einteilung zehn Prozent Denker zu 90 Prozent Nichtdenker laut Pöppel schon immer gegeben haben soll, komme nun der Einfluss der digitalen Medien hinzu: „Diese übernehmen zunehmend eine Vordenkerfunktion.“

Chance für Volksverführer

Kopieren Menschen Ansichten oder kauen sie einfach nach, ohne diese zu prüfen, ist das eine Chance für Demagogen. Sie zielen darauf ab, mit ihren leidenschaftlichen politischen Reden zu hetzen und einen Teil oder gar die Masse der Bevölkerung aufzuwiegeln und zu verführen. „Radikale Gruppierungen und einzelne Politiker können zunehmend völlig faktenfrei argumentieren und dennoch Anhänger gewinnen“, sagt der Psychologe Pöppel und spricht von der „postfaktischen Zeit“.
Und tatsächlich lauert in den sozialen Netzwerken eine Gefahr für die Meinungsvielfalt: Facebook sortiert mit seinem schwer durchschaubaren Algorithmus Inhalte. Der Algorithmus ist eine Art Filtersystem für Nachrichten, die der Nutzer in seinem Newsfeed zu sehen bekommt, und zeigt ihm vor allem Meldungen aus seinem Interessensgebiet an. Klickt dieser wiederholt auf Meldungen, in denen etwa Asylbewerber entweder positiv oder negativ dargestellt werden, stellt Facebook ihm zukünftig vermehrt Meldungen solcher Art in den Newsfeed. Die Themenvielfalt verringert sich dadurch. Forscher sprechen von einer Filterblase und einer Echokammer. Manche User wissen nicht einmal, dass es diesen Algorithmus gibt.

Meinungsmacht großer Medienkonzerne sinkt

Studien nennen deutliche Hinweise, dass die Sortieralgorithmen von Facebook und Co. zur Meinungsbildung beitragen. Nutzer, die auf diesen Plattformen nur radikale Ansichten zu sehen bekommen, werden möglicherweise selbst schrittweise radikaler – das betrifft nicht nur Rechte oder Linke, dies ist etwa auch bei IS-Sympathisanten der Fall. Damit beeinflussen die sozialen Netzwerke vermutlich bereits jetzt unsere Gesellschaft.
Der neue MedienVielfaltsMonitor 2016 belegt unterdessen, dass der Einfluss der 15 bedeutendsten Medienkonzerne auf die Meinungsbildung in Deutschland in den vergangenen drei Jahren gesunken ist, während die Bedeutung des Internets steigt.
Umso mehr ist das Bewusstsein wichtig, dass der Nutzer in sozialen Netzwerken nur einen Teil der Wirklichkeit abgebildet bekommt und dieser gefiltert ist. Deshalb gilt es, Informationen zu hinterfragen. Oft sind Erklärungen nicht so einfach, wie es scheint.
Nicht nur der Philosoph Immanuel Kant, der den Leitspruch der Aufklärung prägte: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“, sagte Ja zum selber Denken. Auch der Reformator Martin Luther wollte schon rund 200 Jahre zuvor die Menschen ermutigen, sich zu trauen, selbst zu denken. Nicht zuletzt wissen wir aus der Bibel, dass Gott uns einen Verstand geschenkt hat. Deswegen sollten Christen auch aufstehen und ihre Meinung zu Missständen in der Gesellschaft äußern und nachdenken, wie sie etwas verbessern können – nicht aggressiv und ohne den anderen zu hören, sondern bedacht und mit Verstand. Das Gute daran ist: Denken ist gesund. Hirnforscher Pöppel weiß: „Nicht zu denken, ist in der Tat ein gesundheitlicher Risikofaktor. Nicht nur Sport, sondern auch Denken ist Gesundheitsprävention.“ (pro)Meinungsmacht großer Medienkonzerne schrumpft (pro)

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