Misstrauisches Schweigen: Pegida und die Medien

Viele Anhänger von Pegida wollen nicht mit den Medien reden. Das ist teilweise verständlich – denn die mediale Auseinandersetzung verläuft oft undifferenziert und teilweise borniert. Ein Kommentar von Daniel Frick
Von PRO
Pegida-Anhänger trauen den Medien keine differenzierte Berichterstattung zu

Die Teilnehmer der Pegida-Demonstrationen verweigern den Medien Interviews – sie haben offenbar kein Vertrauen, von den Berichterstattern fair wiedergegeben zu werden. Die Berichte über Pegida zeigen, dass dieses Misstrauen nicht ganz unbegründet ist.
Pegida-Anhänger fühlen sich zu Recht missverstanden, wenn ihnen vorgerechnet wird, wie wenige Muslime in Sachsen oder in Dresden leben. Sie seien doch von etwaigen Missständen überhaupt nicht betroffen! Dabei nennen sie sich selbst „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Sachsen ist also gar nicht der Horizont der Pegida-Anhänger. Insofern ist die landesbezogene Statistik ein beschränktes Argument.
Pegida betont außerdem, dass sich die Bewegung ausdrücklich nicht gegen Muslime wendet, sondern „gegen eine frauenfeindliche, gewaltbetonte politische Ideologie“. Sie verurteilt Muslime also nicht pauschal, wie es etwa der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, gesagt hat.

Das Reden in Chiffren

Überhaupt scheint es so, als hätten viele Medienschaffende das Positionspapier von Pegida nur überflogen. Aber dieses und nichts anderes ist eben der „Karren“, vor den sich die Demonstranten haben „spannen lassen“, wie es Regierungsprecher Steffen Seibert formulierte. Doch Wendungen wie diese vergrößern nur den Graben zwischen Pegida-Anhängern und der Politik. Denn sie zeigen, dass die Regierung den Demonstranten kein kritisches Urteil zutraut. Auch hier dürfen sich die Pegida-Anhänger missverstanden wissen.
Dass die Demonstranten auf ihren Plakaten ein Hakenkreuz zeigen, das in den Mülleimer geworfen wird, tut offenbar nichts zur Sache. Um den Anhängern doch irgendwie Rechtsextremismus angedeihen zu lassen, bedienen sich die Medien und Politik eines Kunstgriffes. Sie stellen Äußerungen der Pegida-Anhänger als „Sprachcodes“ oder „Chiffren“ für darunterliegendes rassistisches Gedankengut dar. Pegida-Anhänger sagen demnach „Islamisierung“ und meinen „Araber und Türken“, schreibt der Blogger Sascha Lobo. Derartige Behauptungen sind jedoch nichts anderes als ein borniertes Totschlag-Argument.Womöglich meinen die Pegida-Anhänger mit dem Begriff „Islamisierung“ schlicht das, was sie selbst auf ein Plakat geschrieben haben: „Gegen Glaubenskriege auf deutschem Boden.“ Beobachter bezeichnen derartige Sorgen als „diffuse Angst“.
Bedeutet dies dann nicht auch, dass der Verfassungsschutz von einer „diffusen Angst“ befallen ist, wenn er genau vor diesem Glaubenskrieg warnt? Oder etwa der CDU-Abgeordnete Norbert Röttgen? Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag hat nämlich in diesem Sommer zum Phänomen „Islamischer Staat“ erklärt: „Wir haben wieder weggeschaut, und wegschauen ist eben keine Politik. Wenn wir wegschauen von den Krisen, dann kommen die Krisen zu uns.“ Und was ist mit Zeit Online? Die Internetseite analysierte ebenfalls in diesem Sommer, während des Gaza-Konfliktes zwischen Islamisten und Israel, dass der Konflikt „längst auch Deutschland erreicht hat“. Anlass war der zur Schau gestellte Antisemitismus auf deutschen Straßen.

Nächstenliebe und Sentimentalität

Das Kernthema von Pegida ist aber die Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik. Auch hier sind Einschätzungen zu plump, die sagen, Pegida sei „gegen ein weltoffenes Deutschland“, „gegen Einwanderung“, „gegen Ausländer“, „gegen Flüchtlinge“. Im Positionspapier fordert Pegida die Aufnahme von Flüchtlingen und gleichzeitig die Einhaltung gewisser Regeln. Die Bewegung plädiert außerdem für bessere Bedingungen für Flüchtlinge sowie die stärkere Beteiligung anderer europäischer Länder. Absurd wird es, wenn Spiegel Online diese Forderungen zum Anlass nimmt, um den Demonstranten zu zeigen, wie weit weg sie sich vom Gebot der Nächstenliebe bewegen. Nächstenliebe gegenüber Flüchtlingen braucht nun einmal Regelungen. Ohne diese Regelungen verkommt Nächstenliebe zu Sentimentalität.
Sicher: Wer danach sucht, wird bei den „Montagsdemos“ auch Rechtsextreme finden. Diese gilt es, zum Umdenken zu bewegen oder zurückzuweisen. Kritische Medien könnten hier mit einer ernsthaften Auseinandersetzung hilfreich sein. Dazu müssten sie aber feingeistiger und differenzierter als bislang mit den Positionen der Menschen vorgehen. Mit plumpen Pauschalurteilen erweisen sie der politischen Kultur im Lande einen Bärendienst. (pro)

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