Die EKD in wilden Gewässern

Die EKD-Synode hat am Montag über die Herausforderungen des digitalen Wandels diskutiert. Viel Konkretes ist dabei nicht herausgekommen. Ein Kommentar von Nicolai Franz
Von Nicolai Franz
Ist die Synode das richtige Forum, um über digitale Kommunikation zu diskutieren?
Das Tagungsgebäude des Dresdner Maritim-Hotels wirkt wie ein Schiff. Direkt vor dem Fenster fließt die Elbe, die Etagen vor dem großen Saal erinnern an Decks. Für vier Tage liegt hier tatsächlich ein altehrwürdiges Schiff vor Anker: Die EKD-Synode, das Parlament der Evangelischen Kirche in Deutschland. Auf Initiative der Jugend haben sich die Synodalen ein spannendes Thema vorgenommen: „Die Kommunikation des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft“. Doch wer sich von der Tagung konkrete Ergebnisse erhofft hatte, wurde enttäuscht. Zwar hatten die Verantwortlichen renommierte Redner aus der Forschung eingeladen. Der praktische Theologe Christian Grethlein hielt einen theologisch geschliffenen Vortrag, dem man ohne Manuskript aber kaum folgen konnte. Die von der Bundesregierung zur „Internetbotschafterin“ berufene Internetexpertin Gesche Joost glänzte mit interessanten Einsichten und Innovationen, wagte aber nur sehr zaghaft den Brückenschlag zur Kirche. Die Medienwissenschaftlerin Caja Thimm nannte zwar einige Beispiele – fast ausschließlich aus dem katholischen Raum – bezog sich in ihrem Vortrag jedoch auf teils jahrealte Zahlen und Fakten. Konkrete Beispiele erfolgreicher kirchlicher Internetarbeit fehlten fast komplett. Dabei gibt es sie durchaus, wie die Synodalen ihrem gedruckten Lesebuch entnehmen konnten, das sie zur Vorbereitung erhalten hatten. So aber ging es in den Vorträgen vor allem um die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen, die sich durch die Digitalisierung der Gesellschaft ergeben. Die Internetbotschafterin Joost wünschte sich von der EKD Beiträge zu Fragen wie: „Was sind die Grenzen der Nutzung von Daten? Wie definieren wir unsere Privatsphäre heute? Welche gemeinsamen Werte tragen uns in der vernetzten Gemeinschaft?“ Fragen, die bei einer Bundestagsfraktion genauso gut aufgehoben gewesen wären.

Nicht jeder Kirchenleiter muss Online-Experte sein

Für die Kirche ergibt sich vor allem die Chance, jüngere Menschen mit dem Evangelium zu erreichen, für die soziale Medien so normal sind wie für die Synodalen die Aktenordner auf den Tischen. Am Sonntagabend hatte Mike Corsa von der Arbeitsgemeinschaft Evangelische Jugend (aej) betont, wie wichtig die Jugendarbeit für die Kirche sein muss – und dass es ein großes Potenzial gibt. Sein Vortrag schrumpfte allerdings zu einem zehnminütigen Vorträgchen, weil die Aussprachen zu Fragen der Kirchenverwaltung zu viel Zeit in Anspruch genommen hatten. Immerhin ist es erfreulich, dass die EKD sich des digitalen Wandels annimmt. Eine Synode ist aber vielleicht nicht das richtige Forum für dieses Anliegen. Nicht jeder Kirchenleiter jeden Alters muss sich in sozialen Medien auskennen. Viel wichtiger sind effiziente Strukturen vor Ort. Mit motivierten Mitarbeitern, die sich gerne darum kümmern, dass die Botschaft der Kirche auch die erreicht, die sich vor allem im Netz bewegen. Das Internet verändert sich so schnell wie der Lauf eines reißenden Flusses. Ständig gibt es neue Stromschnellen. Man weiß nie, was einen an der nächsten Biegung erwartet. In solchen Gewässern sollte man sich mit Kajaks bewegen, nicht mit großen Schiffen. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/kirche/detailansicht/aktuell/kirche-im-netz-segen-fuer-ipads-90047/
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/kirche/detailansicht/aktuell/die-intensivsten-gespraeche-gibt-es-abends-am-lagerfeuer-90043/
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