Zutiefst zerbrechlich: Warum der Tod Robert Enkes bewegt

Der Selbstmord von Nationaltorwart Robert Enke schockiert nicht nur Fußballfans, sondern auch Menschen, die sich mit der Bundesliga und Fußball ansonsten nur am Rande befassen. In dieser Woche steht ein Fußballprofi im Mittelpunkt, dessen Tod und Leben Millionen bewegt.
Von PRO

"Jetzt ist die Zeit der Trauer um einen Menschen, der Jugendlichen und
Erwachsenen viel bedeutet hat". So begann Margot Käßmann,
Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und
hannoversche Landesbischöfin die Andacht anlässlich des Todes von
Robert Enke am Mittwochabend in der Marktkirche zu Hannover. Weit über
tausend Menschen hatten sich in der zentralen Innenstadtkirche
versammelt. Alle Plätze waren besetzt, in den Seitengängen standen
Hunderte, die ARD übertrug live im Fernsehen.
Was aber bewegte die zahllosen Fans des Vereines, die Menschen auf den Straßen und vor den Fernsehbildschirmen so sehr an dem Tod des Torhüters? Die Antwort auf diese Frage gab Margot Käßmann – konkret und angemessen. Zu Beginn sprach die Bischöfin im Wechsel mit der Gemeinde den 23. Psalm, in ihrer Ansprache zitierte sie den Fußballklassiker "You‘ll never walk alone". Leider sei Robert Enke den letzten Weg alleine gegangen. Aber trotzdem gelte: "Du wirst nie alleine unterwegs sein – das ist die große Lebenszusage, die Gott uns gibt."

Der Tod Enkes zeige zudem, wie zutiefst zerbrechlich und gefährdet das Leben sei, betonte die Bischöfin. "Hinter Glück, Erfolg und Beliebtheit können abgrundtiefe Einsamkeit und Verzweiflung liegen, die Menschen an ihre Grenzen führen." Es sei sehr traurig, dass Enke es nicht gewagt habe, über Depressionen und Krankheit zu sprechen. Er habe gefürchtet, dies könne als Schwäche angesehen werden oder die Adoption der Tochter gefährden.

Am Ende des Gottesdienstes zündeten Enkes Ehefrau Teresa und dessen Eltern Kerzen vor dem Altar an – zum Gedenken an das Leben, dem der Nationaltorwart ein Ende gesetzt hat. Danach die Führungsspitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB): DFB-Präsident Theo Zwanziger, Bundestrainer Joachim Löw mit seinen Assistenten Hans-Dieter Flick und Andreas Köpke, Teammanager Oliver Bierhoff sowie Nationalmannschaftskapitän Michael Ballack. Vor der Marktkirche standen noch tausende Menschen. Sie hatten in dem bis auf den letzten Platz gefüllten Gotteshaus keinen Einlass mehr gefunden und verfolgten die Andacht über Außenlautsprecher. Anschließend fanden sich fast 35.000 Menschen zum Trauermarsch zusammen. Stumm zogen sie vom Kröpcke, dem zentralen Platz in Hannovers Innenstadt, zum Nordeingang der AWD-Arena. Dort konnten sich die Fans in Kondolenzbücher eintragen, die an 18 Stellen auslagen.

Viele dieser Menschen mögen sich also für Bundesliga und Fußball nur am Rande interessieren. Aber wenn die Fassaden der Glamour- und Starwelt aufbrechen, wenn die Realität zum Vorschein kommt, dann wird sichtbar, was wirklich zählt. Und das ist wichtiger als der (Medien-)Rummel, der auch die Fußballwelt beherrscht.

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