Marketing für Gott: Ein Plädoyer für ein verpöntes Wort

Eva Jung ist Kommunikations-Designerin und arbeitete viele Jahre als Texterin in renommierten Werbeagenturen. Heute arbeitet sie freiberuflich als Texterin, Art Direktorin und Kreativ-Beraterin – und gestaltet die christliche Internetplattform www.godnews.de. Bekannt wurde Eva Jung auch durch die von ihr konzipierte Kartenserie "Godcards". In pro plädiert die Hamburgerin für ein unter Christen oft verpöntes Wort: Marketing.
Von PRO

Von Eva Jung

Auf meinen täglichen Rundreisen durch das weltweite Netz stieß ich kürzlich zufällig auf folgenden Blog-Kommentar: „Ich finde es im Prinzip auch gut und wichtig, was die Werbefrau Eva Jung da macht. Wenn das nur nicht diesen ‚Marketing‘-Geschmack hätte. Es ist schon traurig, dass in unserer Gesellschaft anscheinend alles – selbst Gott – konsumentengerecht vermarktet werden muss, damit die Konsumenten sich dafür interessieren.“

Da ist es wieder – das Schreckgespenst Marketing: Dürfen Christen Marketinginstrumente einsetzen? Braucht Gott Werbestrategien? Müssen die Kirchen Marktforschung betreiben? Kommt her zu mir all ihr Konsumenten, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken? In einer deutschen Grafik-Design-Zeitschrift, erschien vor einiger Zeit ein Bericht über Religion und Werbung („Page“ 12.2007, „iGod und PrayStation“, Ilona Koglin). Dort werden Kirche und Unternehmen einfach auf eine Stufe gestellt und beide unter die Rubrik „Religionsvertreter“ gestellt.

Marken verkaufen nämlich schon längst nicht mehr bloß Produkte oder Dienstleistungen. Die Markenversprechen und das Image, das viele erfolgreiche Firmen um ihre Produkte kreieren, kommen inzwischen schon religiösen Bekenntnissen nah. Andererseits, so der Artikel, sei in den Augen vieler Werber die Kirche die Mutter aller Marken. Ihre Zielgruppe umfasst potenziell alle Erdenbürger, sie unterhält Millionen von Filialen – darunter Kathedralen und Dome, die jeden Flagship Store in den Schatten stellen – und ein dichtes Netz an Vertretern, die ihre Klientel zum Teil sehr persönlich kennen. Ihr Logo, das Kreuz, genießt einen Bekanntheitsgrad von nahezu hundert Prozent. Doch trotz aller Werteorientierung hat sie nach wie vor mit einem Verlust ihrer Marktanteile zu kämpfen. Das Fazit des Beitrags: „Noch keiner der ‚Religionsvertreter‘ hat den goldenen Weg gefunden – weder die Kirche noch die Unternehmen. Es gibt wohl noch einiges, was die Marken von den Kirchen und die Kirchen von den Marken in Ausübung ihrer ‚Religion‘ lernen können.“

Darf man auf Marketing verzichten?

Die Frage ist offensichtlich nicht, ob man für Gott Marketing machen darf. Die Frage ist, ob man auf Marketing verzichten darf. Warum verdammen wir einen Begriff, der zunächst völlig wertneutral ist? Was spricht dagegen, den Menschen das Evangelium, Gottes Wort, seine Liebe, Gnade und Barmherzigkeit so professionell und marketinggerecht wie nur irgend möglich nahe zu bringen? Wenn möglich, bevor Mobiltelefon, Kleidung, Computer, Auto oder sonst ein Konsumgegenstand zu ihrem Gott geworden sind.

Kürzlich traf ich eine gute Freundin und Kollegin. Sie kümmert sich von Berufs wegen um strategische Marken-, Produkt- und Unternehmensentwicklung. Eine hervorragende Denkerin, der man kein X für ein U vormacht. Ich gab ihr eine kleine Karte. Auf der Vorderseite prangte in weißer fetter Schrift auf pinkfarbenem Untergrund: Jupheidi. Psalm 28,7. Sie schaute mich mit erhobenen Augenbrauen lächelnd an, während sie die Karte umdrehte. Auf der Rückseite las sie dann den Vers „Der Herr ist meine Stärke und beschützt mich. Ich habe von ganzem Herzen auf ihn vertraut und er hat mir geholfen. Darum freue ich mich und danke ihm mit meinem Lied.“

Sie war entzückt und erläuterte dann, warum: „Normalerweise kommt ihr Christen einem immer andersherum. Zuerst bekommt man einen Bibelvers unter die Nase gehalten und dann hofft ihr darauf, dass man ein Aha-Erlebnis hat. Wenn das dann ausbleibt… tja, dann ist man wohl noch nicht so weit. In diesem Fall läuft die Sache genau anders herum. Ich bekomme mit einem Wort ein Gefühl mitgeteilt, mit dem ich auf Anhieb etwas anfangen kann. Und dann erst kommt der Bibelvers, der durch die gerade eben geöffnete Tür schnurstracks Eingang findet.“

Marketing ist nur ein Wort. Eins, das wir positiv oder negativ füllen können. Negativ, indem wir in den Menschen Begehrlichkeiten für Dinge wecken, die sie am Ende nicht befriedigen, sondern nur leer und arm machen. Positiv, indem wir mit klugen, professionellen und liebevollen Strategien die vielen leeren Angebote übertönen und die Menschen mit dem Gott bekannt machen, der echte, anhaltende Erfüllung schenkt.

Die studierte Kommunikations-Designerin Eva Jung arbeitete viele Jahre als Texterin in renommierten Hamburger Werbeagenturen. Sie ist Mitglied im Art Directors Club Deutschland und hat zahlreiche nationale und internationale Kreativpreise gewonnen. Sie initiiert und  gestaltet die christliche Internetplattform www.godnews.de und arbeitet freiberuflich als Texterin, Art Direktorin und Kreativ-Beraterin (www.ps145.de). Bekannt wurde sie auch durch die von ihr konzipierte Kartenserie „Godcards“ (www.godcards.de, www.wertvollwort.de) die überraschend und außerhalb der gängigen Klischees die „Gute Nachricht“ der Bibel verstehbar macht.

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