Christen pfui – Moslems hui: Mit öffentlichen Geldern gegen Evangelikale

Der Islam ist eine für Jugendliche coole Religion, die Werte und "klare Linien" enthält. Das jedenfalls vermittelt ein Artikel über eine 17-jährige deutsche Konvertiten im Schülermagazin "Q-rage", das von der Bundeszentrale für politische Bildung mitfinanziert wird. Im gleichen Heft finden sich Anschuldigungen gegenüber evangelikalen Christen. Sie seien intolerant, verfassungsfeindlich, gefährlich und dumm. Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, sieht wegen der Christen sogar "wichtige Freiheitsrechte" in Gefahr.
Von PRO

Empörung unter evangelikalen Christen hat die aktuelle Ausgabe des Magazins „Q-rage“ ausgelöst, das in einer Auflage von einer Million erscheint und an Schulen verteilt wird. Am 28. November erschien die vierte Ausgabe für das Schuljahr 2008/2009. Titelthema ist „Selam Deutschland“. Jugendliche im Alter zwischen 16 und 20 Jahren haben Artikel verfasst, die sich mit dem Thema Diskriminierung in Deutschland befassen. „Sie gehen der Frage nach: Wie steht es um das multikulturelle Zusammenleben im Land?“, kündigt das Heft an. „Sie berichten von gelungenen Beispielen des Miteinanders, aber auch von Problemen mit Diskriminierung der unterschiedlichsten Art.“

Zu den „Problemen“ zählt nach Meinung der Verantwortlichen ohne Zweifel die Gruppe der evangelikalen Christen. Unter dem Motto „Evangelikal ganz normal?“ präsentieren zwei Autoren nicht nur einfach ihre kritische Haltung gegenüber der besonders unter Jugendlichen neu aufkeimenden Bewegung. Sie werfen ihr auch vor, verfassungsfeindlich zu sein.

„Evangelikale sind gegenüber Andersgläubigen intolerant“

Zunächst kommt die 19-jährige Leonie zu Wort, die beschreibt, wie sie Christin geworden ist. Im Internet stieß sie auf eine Seite, deren Fragen sie so sehr ansprachen, dass sie mehr wissen wollte. „Willst Du ein neues Leben?“ stand auf der Webseite. Zudem standen dort weitere, laut „Q-rage“ „verführerische Fragen“ wie etwa „Wie sieht es aus, tief in deinem Herzen? Spürst Du die Sehnsucht, Gott zu kennen?“ Die „Verführung“ wirkte, Leonie, der es nach eigener Aussage seit längerem nicht gut ging und die Stress mit Eltern und Schule hatte, fand auf diese Weise den Weg zu Gott. Die von „Q-rage“ zitierten Fragen lassen darauf schließen, dass die 19-Jährige auf www.evangelikal.de gestoßen war, wo ein Text Fragen zum christlichen Glauben beantwortet.

Seitdem „Jesus im Mittelpunkt ihres Lebens steht“, reagiert sie laut dem Jugendmagazin „schnell allergisch, wenn jemand in ihrer Umgebung die Bibel anzweifelt“. Weiter weiß die Redaktion: „Es gibt rund 1,8 Millionen evangelikale Christen in Deutschland, weltweit sind es 500 Millionen, die Leonies Ansicht teilen. Sie sind überwiegend missionarisch eingestellt – und gegenüber Andersgläubigen durchaus intolerant.“

„Bischof Huber zelebrierte eine Messe“

Beim Thema Evangelikale darf das „Christival“ nicht fehlen. Die beiden Autoren, Samuel Lennartz und Hannes Grosch, berichten: „Vier Tage lang machten fast 20.000 Jugendliche Bremen unsicher. Sie schliefen in Schulen – ihre angemessene Unterbringung schien der Stadt wichtiger als der Unterricht. Christliche Bands rockten bis spät in die Nacht. Tagsüber machten sich Gruppen auf den Weg, um an Haustüren zu klingeln und Gottes Wort zu verkünden. In Straßenbahnen wurde per Lautsprecher Mission betrieben.“ Über den Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland heißt es: „Bischof Wolfgang Huber zelebrierte eine Messe“.

Einem 23-Jährigen namens Tobias, der mit hunderten anderen vor dem Veranstaltungsort gegen das Christival demonstrierte, widmet das Blatt größere Aufmerksamkeit. Er sagt unter anderem: „Die Weltsicht dieser Menschen ist von vorgestern, sie vertreten Positionen, die meiner Meinung nach in unserer heutigen Gesellschaft schlicht inakzeptabel sind.“ Tobias zeigt sich indes tolerant. „Es kann ja jeder glauben, was er will, das ist nicht mein Problem, aber dann sollen sie doch einfach die, die nicht so denken, in Ruhe lassen“, sagt der junge Mann, der extra zum Bremer Messegelände gekommen war, um von den Christen in Ruhe gelassen zu werden.

„So sieht Tobias das, und viele andere Menschen auch“, fügt „Q-rage“ hinzu. Was Tobias laut dem Magazin „nicht versteht, ist, was eigentlich den Reiz des Glaubens ausmacht“. Anstatt zu versuchen, diese Frage live und direkt auf dem Christival zu ergründen, ist für ihn klar: „So wie ich das sehe, muss man doch erst sein Gehirn ausschalten, bevor man da mitmachen kann.“

„Verfassungsfeindlichkeit“

Auch wenn in den USA „der Einfluss der Evangelikalen enorm“ sei, „in Deutschland“ habe er „noch nicht solche Ausmaße“. Aber, warnt das Heft, „evangelikale Gruppen erfreuen sich besonders unter Jugendlichen immer größerer Beliebtheit. Mitverantwortlich sind dafür sicherlich der große Stellenwert von Spaß, Musik und Gemeinschaftsgefühl bei Gottesdiensten und Aktivitäten. Die erzkonservativen, zum Teil verfassungsfeindlichen Ideologien werden da fast nebenbei vermittelt.“ Eine theologische Erklärung fügen die Autoren hinzu: „Der Mensch hat ein Bedürfnis nach einfachen Antworten. Die Religionen geben sie.“ Die 19-Jährige Leonie jedenfalls finde, „dass Juden als Erstes missioniert“ werden müssten, „Homosexualität hält sie für eine Krankheit, Abtreibung für ein Verbrechen.“ Das Blatt fügt zweideutig hinzu: „Leonie sagt, es geht ihr gut.“

Herausgeber des Magazins ist „Schule ohne Rassismus„, ein Projekt vom Verein „AktionCourage“ in Berlin. Dies wird seit 2001 von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert, außerdem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, von der Europäischen Union, von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. Nach eigenen Angaben ist „AktionCourage“ „das größte Schulnetzwerk in Deutschland“, dem über 495 Schulen angehören. Die Schulen haben eine Selbstverpflichtung unterschrieben, nach der sie aktiv gegen Diskriminierung und Rassismus vorgehen. Das Magazin „Q-rage“, das seit 2005 erscheint, wird an allen Schulen der Sekundarstufe I und II sowie an Treffpunkten von Jugendlichen verteilt.

17-Jährige Bremerin findet im Islam klare „Richtlinien“

Diskriminierend scheinen den Heftmachern vor allem evangelikale Christen zu sein. Der Artikel selbst aber, der die Teilnehmer des Christival 2008 als dumm, intolerant, nervend und gefährlich darstellt, ist in den Augen der Herausgeber offensichtlich nicht diskriminierend oder intolerant. Im Islam dagegen scheint es das Problem der Intoleranz nicht zu geben. Demonstrationen wegen Karikaturen, Todesdrohungen und Terror gegen Andersgläubige im Namen Allahs, abgesagte Theateraufführungen aus Angst vor Vertretern dieser Religion – sie scheinen im „Q-rage“-Universum nicht zu existieren.

Zwischen 2004 und 2007 waren „mehr als 7.500 Deutsche zum Islam übergetreten“, berichtet das Heft. Die Autoren fügen kommentierend hinzu: „Der Wunsch nach einer Religion mit einer klaren Vorstellung von Gott und Richtlinien für den Lebensweg ist vielen ein Bedürfnis in der schnelllebigen materiellen Gesellschaft.“ Hier ist, wohl gemerkt, vom Islam die Rede, nicht von evangelikalen Christen, denen sonst „klare Vorstellungen von Gott“ sowie „Richtlinien“ als fundamentalistisch und intolerant vorgeworfen werden.

Ein 17-Jähriges Mädchen namens Amira jedenfalls ist vom Islam so beeindruckt, dass sie 2007 konvertierte. Ein Bericht begleitet ihre Suche und ihre Erfüllung: Sie fragte „nach dem Sinn des Lebens“ und „wurde im Islam fündig“. Amira, die ehemals Stefanie hieß und aus Bremen stammt, „sucht und prüft die Religionen, die sie kennt – das Christentum und den Islam“, so die Zeitschrift. Das Christentum verwirft sie, denn „es enthält zu viele Widersprüche“. Anders der Islam: „Amira sucht eindeutige Richtlinien, feste Regeln. Im Koran wird sie fündig. Gebete, Koranstudien und Moscheebesuche beeindrucken sie. Hier findet sie eine Klammer, Klarheit und einen Sinn. Genau das Richtige für ihr Leben, das in den zurückliegenden Monaten etwas aus den Fugen geraten war. Sie weiß nun: ‚Ich will zum Islam gehören!'“. Vom Kopftuch sagt sie: „Es schützt mich, und es gibt mir ein Gefühl der Stärke und des Selbstbewusstseins.“ Der Islam hat sie „selbstsicherer, fröhlicher, ausgeglichener und zufriedener“ gemacht. „Mit dem Glauben gibt sie alte Gewohnheiten auf. Partys, Diskos, Alkohol und Jungs interessieren sie nicht mehr.“ Diese „fundamentale Haltung“, geäußert von der 19-jährigen Christin Leonie – würde sie in „Q-rage“ mit der gleichen Neutralität bedacht werden?

„Evangelikale stellen wichtige Freiheitsrechte in Frage“

Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, lobt in seinem Anschreiben zum Magazin die Schulen, die sich „für Toleranz und die Einhaltung der Menschenrechte“ einsetzen. „In der Zeitung finden sich interessante Informationen, wie islamistische und evangelikale Gruppen, die wichtige Freiheitsrechte in Frage stellen, Jugendliche umwerben?[sic]“.

Christen sind empört, dass solche Vorwürfe in einer mit öffentlichen Geldern finanzierten Zeitschrift verbreitet werden. „Es ist ungeheuerlich, dass ein solches Projekt aus unseren Steuermitteln finanziert und damit vom Staat subventioniert wird“, sagte der Geschäftsführer des Christlichen Medienverbundes KEP, Wolfgang Baake. „In dem Artikel werden die Evangelikalen massiv diskriminiert. Da die Bundeszentrale für politische Bildung dies unterstützt, fordere ich den Rücktritt des Präsidenten Thomas Krüger. Außerdem hat die Bundesregierung die Pflicht, sich von diesen Inhalten zu distanzieren“, schrieb Baake in einem Brief an Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, dessen Ministerium für die Bundeszentrale für politische Bildung zuständig ist.

In seinem Brief seien Krüger zudem „gravierende Fehler“ unterlaufen, die „verdeutlichen, dass er mit dieser Aufgabe überfordert ist und auch aus diesem Grunde seinen Platz räumen sollte“, so Baake. „Herr Krüger spricht von Muslimen und Evangelikalen in einem Atemzug. Er nennt unter den eine Milliarden Muslimen differenzierend nur die ‚Islamisten‘. Aber bei den 400 bis 700 Millionen Evangelikalen differenziert er nicht. Selbst wenn es unter den Evangelikalen den Islamisten vergleichbare Strömungen gäbe, müssten die immer noch vom Rest der Evangelikalen unterschieden werden. Diese Unterscheidung nimmt Krüger nicht vor. Stattdessen diffamiert er alle Evangelikalen.“ (PRO)

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen