„Teufel im Kardinalskostüm“: Volker Beck und die Meinungsfreiheit

Wir haben Post bekommen - von Volker Beck. In einer E-Mail schreibt der Grünen-Politiker an diese Redaktion: "Sie haben eine Falschdarstellung von Hermann Barth verbreitet, die dieser inzwischen korrigiert hat." Beck verlangt eine Art Gegendarstellung. Es geht um eine Meldung, in der sich der Präsident des Kirchenamtes der EKD kritisch zu Becks Agieren gegen das "Christival" geäußert hat – was der Bundestagsabgeordnete nicht akzeptieren kann.
Von PRO

Kirchenamtspräsident Barth hatte das „Christival“ in Schutz genommen. Seit Monaten kritisiert Volker Beck den christlichen Jugendkongress, weil dort ein Seminar zum Umgang mit Homosexualität angeboten wurde. Das Seminar ist längst abgesagt, doch Beck denkt gar nicht daran, seine Kritik zu beenden. Wohl auch aus diesem Grund sprach Kirchenamtspräsident Barth von „ungerechtfertigten und maßlosen Angriffen“ und von „Verunglimpfung“. Es sei zudem unverständlich, dass ein „Rechtspolitiker wie Volker Beck … der Berufung auf die Meinungsfreiheit widerspricht. Man kann nicht selbst Andersdenkende als ‚religiöse Fundamentalisten‘ hinstellen und sich dann darüber beklagen, wenn die Angegriffenen für ihre Gegenwehr den Schutz der Meinungsfreiheit in Anspruch nehmen.“

Diese Aussagen waren für Volker Beck zu viel der Kritik. Er bat Hermann Barth um Klärung und eine Stellungnahme – die prompt eintraf und von Beck verbreitet wurde: In einer E-Mail schreibt er an diese Redaktion, dass Hermann Barth seine Darstellung „mit dem Ausdruck des Bedauerns“ zurückgenommen habe. Barth habe sich davon überzeugt, dass Beck die Meinungsfreiheit der von ihm kritisierten Kreise „gegen jeden Repressionsversuch“ verteidige und dessen Kritik nicht als Angriff auf die Meinungsfreiheit verstehe.

Nun jedenfalls soll diese Redaktion eine Art „Gegendarstellung“ veröffentlichen. Beck schreibt uns: „Sie haben eine Falschdarstellung von Hermann Barth verbreitet, die dieser inzwischen korrigiert hat.
Zur Vermeidung rechtlicher Schritte bitte ich Sie … verbindlich zu erklären, dass und wie Sie diese Verbreitung der Falschdarstellung korrigieren werden.“

Abgesehen davon, dass wir keine „Falschmeldung“ verbreitet haben und Beck kein Recht darauf hat, eine Meldung aus seinem Büro veröffentlicht zu sehen, ist dieses Vorgehen wohl typisch für den früheren Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland. Besonders deutlich wird Beck nämlich immer dann, wenn andere nicht seine Auffassungen vertreten. So ist es aktuell in der Debatte um ein bereits abgesagtes „Christival“-Seminar, so war es bereits in der Vergangenheit.

Im Streit um die Meinungsfreiheit

Ein Beispiel: Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner hatte sich am 7. Oktober vergangenen Jahres in einer Predigt im Schweizer Wallfahrtsort Einsiedeln zum katholischen Verständnis von Familie geäußert. „Das Sein in der Welt ist wahr, weil Gott die Wahrheit in Person ist. Der Mensch aber macht oft sein eigenes Dasein unwahr, wenn er das Schöpfungsgedächtnis verliert. Wenn er zum Beispiel meint, dass Mann und Frau nicht aufeinander bezogen sind, damit sie in der Ehe zur Familie werden“, sagte Meisner damals. Und fügte hinzu: „Alle so genannten alternativen Modelle des menschlichen sexuellen Zusammenlebens sind aber unwahr und darum für den Menschen im Kern verderblich. Die Menschheit richtet sich hier selbst zugrunde.“ Meisner sagte in der Predigt auch, dass „mit jeder Abtreibung auch ein Teil der mütterlichen Seele stirbt“.

Die Worte des Erzbischofs sind bei Volker Beck nicht gut angekommen, im Gegenteil. Der Grünen-Politiker nannte Meisner daraufhin einen „selbstgerechten Hassprediger“. Der Kardinal spreche „ganzen Gruppen von Menschen die Existenzberechtigung ab“. Gegen diese Kritik wehrte sich wiederum Erzbischof Meisner: Er reichte beim Kölner Landgericht Ende Oktober eine einstweilige Verfügung ein, nach der Beck ihn nicht mehr als „Hassprediger“ bezeichnen darf.

Dagegen ging wiederum der Grünen-Politiker vor, Beck konterte mit einer Klage vor dem Landgericht Berlin. Erst Anfang Februar einigten sich Meisner und Beck darauf, den Streit beizulegen. Beck will in Zukunft darauf verzichten, den Kardinal als „Hassprediger“ zu betiteln, Meisner wiederum trägt die angefallenen Gerichtskosten.

Kontroverse um Lehrer-Broschüre

Besonders dann, wenn in der Öffentlichkeit über das Thema Homosexualität kontrovers diskutiert wird, ist Volker Beck nicht weit. Das war nicht nur in der Debatte mit Meisner so. Im August 2005 zog das nordrhein-westfälische Schulministerium eine umstrittene Lehrer-Broschüre zur Behandlung des Themas Homosexualität zurück, die 2004 von der ehemals rot-grünen Landesregierung empfohlen wurde. „Mit Vielfalt umgehen: Sexuelle Orientierung und Diversity in Erziehung und Beratung“ lautete der Titel, erstellt wurde die Empfehlung von einem europäischen Projekt gegen die Diskriminierung von Homosexuellen.

In dem Handbuch wurde Lehrern und Pädagogen beispielsweise geraten, Broschüren zum Thema lesbisch-schwule Lebensweisen im Unterricht zu behandeln. „Zeigen Sie der Klasse Filme, in denen sympathische Lesben, Schwule oder Bisexuelle vorkommen“, schreibt der „Leitfaden“ zum Umgang mit dem Thema Gleichgeschlechtlichkeit. Das aber wollte die CDU-Regierung Nordrhein-Westfalens nicht empfehlen. „Wir wollen nicht für homosexuelle Lebensformen werben“, begründete der Sprecher des Schulministeriums, Oliver Mohr, das Vorgehen. Die Broschüre enthalte „wertende“ Aussagen und sei daher nicht für den Unterricht geeignet. Neben anderen Grünen- Abgeordneten und Verbänden äußerte sich damals auch Beck zu der Entscheidung: Er wertete das Vorgehen des Düsseldorfer Ministeriums als Zensur. Eine vorurteilsfreie Behandlung des Themas Homosexualität werde als „Werbung für bestimmte sexuelle Ausrichtungen“ denunziert.

„Teufel im Kardinalskostüm“

Meisner-Streit, Lehrer-Handbuch und „Christival“-Debatte – wenn das Thema Homosexualität in der Öffentlichkeit bewertet wird, meldet sich Volker Beck zu Wort. Das ist sein gutes Recht. Gleiches Recht fordern jedoch auch Kirchenvertreter oder Christen, die in Fragen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, der Definition von Ehe und Familie oder in der Beurteilung von Homosexualität als Lebensform eine andere Auffassung vertreten, als Volker Beck lieb ist. In der Debatte mit dem Kölner Erzbischof sagte Beck: „Es geht mir um die Frage der Meinungsfreiheit“. Genau um diese Frage geht es anderen auch, trotz aller anderslautenden Beteuerungen.

Und so nimmt sich Volker Beck auch das Recht, als „Teufel im Kardinalskostüm“ zur Weiberfastnacht in Köln zu erscheinen. Was immer Beck damit ausdrücken wollte – auch dieser Auftritt ist für ihn sicherlich ein Ausdruck der Meinungsfreiheit, wenngleich er jegliche Regeln des Anstands und Respekts vor Kirche und Christen missen lässt. So weit geht für Beck die Meinungsfreiheit.

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