Pater in IS-Geiselhaft: Glaube und Gebet bewahrten ihn

Der syrische Pater Jacques Mourad wurde vom Islamischen Staat entführt und war fünf Monate seine Geisel. Im Interview mit der FAZ erklärt er seinen Versuch, mit seinen Geiselnehmern ein menschliches Verhältnis aufzubauen – und warum Europa keine Angst vor Muslimen haben muss.
Von PRO
Pater Jacques Mourad war fünf Monate Geisel der Terrormiliz Islamischer Staat

„Die Zeit der Geiselhaft war eine äußerst leidvolle Erfahrung für mich“, schildert der katholische syrische Pater Jacques Mourad im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) seine fünfmonatige Gefangenschaft bei der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS). Der Geistliche sieht die Zeit mit einem gewissen Abstand auch „als Gnade“ an. Weil er erkennen konnte, „dass dieselben Menschen, die foltern und töten, auch Menschlichkeit in sich tragen“.
Sie versuchten, Mourad mit Worten zu quälen, die er zunächst „tatsächlich kaum ertragen konnte“. Er habe sich darauf konzentriert, seinen Peinigern in die Augen zu sehen und den Menschen dahinter zu erkennen. „Mein Glaube und das Gebet bewahrten mich davor, in Angst zu verfallen.“ Mit diesem Weg habe Mourad die Beziehung zu den Peinigern als eine menschliche erlebt. Er begegnete ihnen stets mit einem Lächeln. Ihre Haltung ihm gegenüber hätte sich geändert. Nach mehr als einer Woche fragte ihn der Mann, der ihm immer das Essen brachte, ob Mourad etwas benötige. Als der Pater krank wurde, ließ der Mann ihn pflegen. Er könne jedoch nicht sagen, ob andere IS-Geiseln ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Mourad ist bewusst, dass der IS „eine der gefährlichsten terroristischen Gruppierungen der Welt“ sei. Und als christlicher Priester sei er ein großer Feind des extremistischen Islams – nicht des Islams, die Unterscheidung sei wichtig.

„Nicht den Leidenden dieser Welt den Rücken zukehren“

Der katholische Pater betreute die christliche Gemeinde der syrischen Kleinstadt Quaryatein in der Nähe von Homs, als er und seine Gemeindemitglieder im Mai 2015 vom IS entführt worden. Später befreiten ihn Muslime aus seinem Ort mit Hilfe von Beduinen. Er hatte stets ein gutes Verhältnis zu seinen muslimischen Nachbarn. Die meisten Christen aus seinem Ort lebten heute in Homs.
Gefragt nach der Lage der Christen in Syrien, antwortet er: „Ich unterscheide da nicht zwischen Christen und Muslimen. Wir sind alle in der selben furchtbaren Situation.“
Über die Sorge mancher Menschen in Europa über die vielen muslimischen Flüchtlinge, dass sie die christliche Tradition Europas in Gefahr brächten, sagt der Pater: „Ich habe keine Angst um das Christentum. Jesus hat uns versprochen, dass die Kirche sich auf ihm errichtet. Es besteht also keinerlei Gefahr, dass sie jemals zerstört wird.“ Nächstenliebe hebt er hervor: „Wir sind als Christen dazu aufgerufen, allen Menschen die Liebe Jesu spüren zu lassen, egal welcher Religion sie angehören. Es geht nicht, dass man den Leidenden dieser Welt den Rücken zukehrt.“ Muslime seien keine Unmenschen. „Alle Syrer haben es verdient, gerettet zu werden. Ihr Los ist ansonsten der Tod.“

Raum für religiösen Diskurs schaffen

Mit Attentaten in Europa wächst die Angst mancher Menschen vor Muslimen. Die islamischen Gläubigen ziehen sich mitunter aus der Gesellschaft zurück. Mourad antwortet auf die Frage, was passieren sollte, dass ihm dieselbe Frage auch von französischen Politikern gestellt wurde und er sagte: „Man solle der Kirche ermöglichen, ihrer Rolle gerecht zu werden“. Aus seinen Erfahrungen in Syrien wisse er, dass der Austausch im religiösen Diskurs für gläubige Muslime „sehr bedeutsam sein“ könne. Fänden sich Muslime in einer Gesellschaft wieder, in der es entsprechende Angebote nicht gebe, „dann vergibt man eine Möglichkeit der Integration.“ Mourad fordert die christlichen Gemeinden auf, sich stärker für Muslime zu öffnen und es ihnen zu ermöglichen, an kirchlichen Ereignissen teilzuhaben.
Als der Schriftsteller Navid Kermani vergangenes Jahr den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, rief er am Ende seiner Dankesrede auf, für Mourad und seine Gemeinde zu beten oder ihm Gutes zu wünschen. Die Frage, ob Mourad glaube, dass dieser Moment geholfen hat, bejaht der Pater: „Gebete können Wunder vollbringen.“ Sowohl die Rettung der 250 syrischen Christen aus seinem Ort als auch, dass trotz des Druckes alle ihren Glauben bewahrt haben und nicht zum Islam konvertiert sind, seien Wunder. Auch in anderen Ländern sei für sie gebetet worden. „Die Kirche ist eine Familie, darin liegt ihre Schönheit“, sagt Mourad am Ende des Interviews. (pro)Christen im Irak feiern Sieg über Karakosch (pro)
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