Von Aufklärung bis Ignoranz: Holocaust in Schulbüchern

Es gibt Länder, die benennen den Holocaust in ihren Schulbüchern direkt, wieder andere ignorieren ihn komplett. Eine aktuelle Studie vergleicht, wie Lehrpläne in 135 Ländern und Gebieten mit der Vernichtung der europäischen Juden umgehen.
Von PRO
In Israels Schulen steht der Holocaust direkt auf dem Lehrplan – wie in 56 weiteren untersuchten Ländern und Gebieten. (Archivbild)
Was und wie lernen Schüler weltweit über die Scho‘ah? In insgesamt 28 Ländern und Gebieten taucht der Holocaust gar nicht im Lehrplan der 14- bis 18-Jährigen auf – darunter sind Island, Thailand, Mikronesien, Neuseeland, die Palästinensische Autonomie oder Fidschi. In ihren Lehrplänen finden weder der Holocaust noch sein Kontext Erwähnung. Japanische Schulbücher beschrieben den Holocaust mit der gleichen Sprache wie die Zerstörungen durch die Atombomben von Hiroshima und Nagasaki. Diese Ergebnisse gehen aus der aktuellen, vom deutschen Georg Eckert Institut durchgeführten, Studie „Der internationale Status der Bildung über den Holocaust“ hervor. Die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) veröffentlichte die Untersuchungen. Historiker in China oder Indien reicherten ihre eigene Vergangenheit und somit die Lehrpläne mit Tragik an, belegt die Studie. Dies geschehe „durch deutlich sichtbare Ent- und Neukontextualiserung des Vokabulars, das üblicherweise verwendet wird, um den Holocaust zu beschreiben, einschließlich ‚schreckliches Massaker‘, ‚Morde‘, ‚Massenmord‘, ‚Gräueltaten‘ und ‚Vernichtung‘“, heißt es in dem Papier. So borge sich China die Sprache und Metaphorik des Holocausts und wende diese an den Massakern von Nanking 1937 an. Die Sprache nutzen auch Lehrbücher in Ruanda, um den historisch verschiedenen, aber vergleichbaren Genozid von 1994 zu beschreiben. In Indien sind die Verweise auf den Holocaust sehr unterschiedlich – abhängig vom politischen Kontext, in dem das Lehrbuch veröffentlicht wurde.

Holocaust direkt benannt in Deutschland, Türkei, Schweden

Die deutschen Lehrpläne benennen den Holocaust direkt, ebenso die Pläne in Israel, der Türkei, Spanien oder Schweden. In insgesamt 57 Ländern und Gebieten wird der Holocaust als solcher oder „Scho‘ah“ benannt. Die Lehrpläne von 46 Ländern und Gebieten behandeln nur den Kontext, in welchem der Holocaust gelehrt werden könnte, etwa bei Themen wie Zweiter Weltkrieg oder Nationalsozialismus. Das trifft auf Norwegen, Teile der Schweiz, Schottland oder Georgien zu. In acht Ländern und Gebieten findet der Holocaust teilweise Erwähnung, um etwa über die Verletzung von Menschenrechten aufzuklären, ohne vorher auf die historischen Fakten des Vorfalls einzugehen, wie etwa in Kolumbien, Mexiko, Teilen von Kanada oder Slowenien. In den Lehrplänen von 28 Ländern und Gebieten wird der Holocaust nicht erwähnt, auch in der Palästinensischen Autonomie, Bolivien, Irak, Jamaika oder Papua-Neuguinea. Anzumerken ist, dass der betrachtete palästinensische Lehrplan, der keine Verweise auf den Holocaust beinhaltete, aus dem Jahr 1998 stammt. Für die Studien wurden Lehrpläne für 14- bis 18-Jährige analysiert; insgesamt 272 Lehrpläne in 135 Nationen sowie 89 Schulbücher aus 26 Ländern. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/detailansicht/aktuell/giordano-gott-ist-eine-projektion-90437/
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