Christus lädt zu Tisch – in der Flensburger Innenstadt

Eine fast einen Kilometer lange Tafel hat sich am Sonntag durch die Innenstadt von Flensburg gezogen. Die Kirche bat zu Tisch, um mit den Bürgern eine Art öffentliches Abendmahl zu feiern. Der Initiator, Stadtpastor Johannes Ahrens, erklärt im Gespräch mit pro die christliche Bedeutung der Aktion.
Von PRO
Die Speisung der 1.000: Am Wochenende lud die Kirche in Flensburg in der Innenstadt zum gemeinsamen Essen ein. An diesem Tisch war das Jugendwerk Gastgeber.

Unter dem Motto „Kirche bittet zu Tisch“ hat der evangelische Kirchenkreis Flensburg am Sonntag in die Flensburger Fußgängerzone an eine fast einen Kilometer lange Tafel geladen. Rund 1.000 Gäste kamen zur Speisung in der Innenstadt. Gastgeber an den einzelnen Biertischen waren knapp 100 verschiedene Kirchengemeinden, gemeinnützige Organisationen, Geschäftsleute, Gastronomen und Privatpersonen. Die evangelische Kirche stellte Salat und Dressing bereit, den Rest steuerten die Tisch-Gastgeber bei.

Der Initiator der Flensburger Aktion, Stadtpastor Johannes Ahrens, sagte, die Aktion habe gezeigt, wie bunt die Stadt sei, und dass sie vom Engagement vieler lebe: „Zum täglich Brot gehört ja nicht nur das, was morgens auf dem Frühstückstisch steht, sondern auch das, was jeder beisteuert. Die Tafel ist somit für mich ein Sinnbild unseres Miteinanders.“ Im Gespräch mit pro berichtet Ahrens über die christliche Motivation hinter der Aktion.

Der Flensburger Stadtpastor Johannes Ahrens Foto: www.nordkirche.de
Der Flensburger Stadtpastor Johannes Ahrens

pro: Herr Ahrens, wie ist die Idee zu „Kirche bittet zu Tisch“ entstanden?

Johannes Ahrens: Die Ausgangsidee war, im Rahmen des Reformationsjubiläums im gesamten Kirchenkreis Flensburg im Sommer etwas Gemeinsames zu machen. Entwickelt hat sich daraus die Idee, die Grenzen von Kirche zu verlassen und nicht nur etwas im Gemeindegarten zu veranstalten, sondern im gesamten Stadtgebiet. Auch mit Gruppen, die dezidiert nicht kirchlich sind, sondern die sich sozial oder politisch einsetzen, die sich karitativ engagieren, aber auch mit Geschäftsleuten und Vereinen.

Was ist die Motivation hinter dem Projekt?

Die Idee ist, sich wirklich auf Augenhöhe zu begegnen, sich an eine Tafel zu setzen und den Tisch auch als Symbol für Gemeinschaft zu verstehen. Wir wollen zeigen: Wir gehören zusammen, wir sitzen an einem Tisch. Alle tragen in Flensburg dazu bei, dass das Leben gelingen kann. Das ist ein Bild für Gesellschaft insgesamt. Es ist total wichtig, dass wir uns als Kirche dafür öffnen und gleichzeitig Menschen einladen, sich an einen Tisch zu setzen ohne Vorbedingungen oder andere Voraussetzungen. Das spiegelte sich in der lockeren, bunten Atmosphäre am Sonntag wieder. Die eine Hälfte der Gastgeber an den Tischen war kirchlich, die andere Hälfte nicht.

Kinder und Senioren genießen die Gemeinschaft. Zwischen den Tischen der fast einen Kilometer langen Tafel ist immer wieder Platz gelassen für Rettungswege. Foto: Simone Schulze-Kösterke
Kinder und Senioren genießen die Gemeinschaft. Zwischen den Tischen der fast einen Kilometer langen Tafel ist immer wieder Platz gelassen für Rettungswege.
Gespräche mit der Pröpstin am Tisch des Propstenbüros Foto: Anja Pfaff
Gespräche mit der Pröpstin am Tisch des Propstenbüros
Fröhliche Stimmung an der langen Tafel Foto: Anja Pfaff
Fröhliche Stimmung an der langen Tafel
Pastor Ahrens berichtet von intensivem Sonnenschein während der geöffneten Tafel zwischen 12 und 15 Uhr: „Es sind trotz der Hitze alle gesund geblieben.“ Foto: Anja Pfaff
Pastor Ahrens berichtet von intensivem Sonnenschein während der geöffneten Tafel zwischen 12 und 15 Uhr: „Es sind trotz der Hitze alle gesund geblieben.“

Nahmen auch Bedürftige wie Obdachlose Platz an den Tischen, um sich satt zu essen?

Ja, das haben sie. Es gibt in Flensburg eine Obdachlosenszene. Mit denen habe ich ein paar Tage vor der Aktion gesprochen und sie ausdrücklich dazu eingeladen. Manche von den Obdachlosen waren da, andere von ihnen sind bewusst weggeblieben, weil es ihnen unangenehm war.

Ich habe am Sonntag mit einem Obdachlosen gesprochen, der am Rand in der Fußgängerzone saß. Er wollte sich nicht dazu setzen und auch nichts gebracht bekommen, weil er schon lange nicht geduscht hatte. Es gab auch Grenzen dieser Integration oder dieser Möglichkeit, Menschen an den Tisch zu setzen. Das mussten wir schmerzhaft erkennen. Aber es gab auch Obdachlose, die sich erstmals seit langem satt gegessen haben.

Nahmen auch Bedürftige wie Obdachlose Platz an den Tischen, um sich satt zu essen?

Ja, das haben sie. Es gibt in Flensburg eine Obdachlosenszene. Mit denen habe ich ein paar Tage vor der Aktion gesprochen und sie ausdrücklich dazu eingeladen. Manche von den Obdachlosen waren da, andere von ihnen sind bewusst weggeblieben, weil es ihnen unangenehm war.

Ich habe am Sonntag mit einem Obdachlosen gesprochen, der am Rand in der Fußgängerzone saß. Er wollte sich nicht dazu setzen und auch nichts gebracht bekommen, weil er schon lange nicht geduscht hatte. Es gab auch Grenzen dieser Integration oder dieser Möglichkeit, Menschen an den Tisch zu setzen. Das mussten wir schmerzhaft erkennen. Aber es gab auch Obdachlose, die sich erstmals seit langem satt gegessen haben.

„Für mich ist Christus immer der, der zu Tisch lädt. Nicht nur beim Abendmahl in der Kirche, sondern auch an jeden Tisch zu Hause.“

Ist die Motivation hinter der Aktion eine christliche?

Ja, natürlich. Wir hatten als Werbebild „Das Abendmahl“ von Leonardo da Vinci. Wir haben ein kleines Video zu Werbezwecken in den Lokalkinos laufen lassen haben. Darin stellten wir die Abendmahlsszene von da Vinci in einem Flensburger Park nach. Einzelne kommen nach und nach dazu und nehmen die Haltung der Jünger Jesu ein. Und ganz zum Schluss sagt Jesus in unserem Spot: „Bitte zu Tisch!“

Das meine ich auch so. Für mich ist Christus immer der, der zu Tisch lädt. Nicht nur beim Abendmahl in der Kirche, sondern auch an jeden Tisch zu Hause – deswegen auch das Tischgebet – und letztlich auch diese Flensburger Tafel. Für mich ist Christus derjenige, der uns einlädt in die Gemeinschaft mit ihm. Und ein Zeichen für Gemeinschaft sind Tische. Darum hat das Symbol Tisch verkündigende Dimensionen.

Ist die Motivation hinter der Aktion eine christliche?

Ja, natürlich. Wir hatten als Werbebild „Das Abendmahl“ von Leonardo da Vinci. Wir haben ein kleines Video zu Werbezwecken in den Lokalkinos laufen lassen haben. Darin stellten wir die Abendmahlsszene von da Vinci in einem Flensburger Park nach. Einzelne kommen nach und nach dazu und nehmen die Haltung der Jünger Jesu ein. Und ganz zum Schluss sagt Jesus in unserem Spot: „Bitte zu Tisch!“

Das meine ich auch so. Für mich ist Christus immer der, der zu Tisch lädt. Nicht nur beim Abendmahl in der Kirche, sondern auch an jeden Tisch zu Hause – deswegen auch das Tischgebet – und letztlich auch diese Flensburger Tafel. Für mich ist Christus derjenige, der uns einlädt in die Gemeinschaft mit ihm. Und ein Zeichen für Gemeinschaft sind Tische. Darum hat das Symbol Tisch verkündigende Dimensionen.

Sind die Besucher an den Tischen auch über Glaubensthemen ins Gespräch gekommen?

Sehr unterschiedlich. Zum Teil ganz stark und intensiv und auch bewusst dahin ausgerichtet. Das lag ja auch ein bisschen an den Gruppierungen. Andere haben einfach über das gesprochen, was sie gerade bewegte, womit sie sich beschäftigen bei ihrer Arbeit, wo sie herkommen, was sie freut und was sie bedrückt.

Für mich sind Glaubensgespräche oder dezidiert christliche Glaubensgespräche nicht erst dann christlich, wenn der Name Jesus fällt oder wenn Menschen sich von jetzt auf gleich bekehren, sondern auch wenn sich ein Raum öffnet, in dem sich Menschen füreinander öffnen können. Dann ist das ein erster Schritt in Richtung Reich Gottes.

Jesus sagt, holt die Leute von den Straßen und Zäunen an den Tisch. Das ist ein Symbol: an den Tisch des Reich Gottes kommen. Wir haben das umgesetzt. Jeder war eingeladen. Jesus hat auch nicht gefragt: Was sind das für Leute? Sind die sauber genug? Glauben die genug? Das interessiert erst einmal nicht. Das sind Zweit- oder Drittkategorien.

Sind die Besucher an den Tischen auch über Glaubensthemen ins Gespräch gekommen?

Sehr unterschiedlich. Zum Teil ganz stark und intensiv und auch bewusst dahin ausgerichtet. Das lag ja auch ein bisschen an den Gruppierungen. Andere haben einfach über das gesprochen, was sie gerade bewegte, womit sie sich beschäftigen bei ihrer Arbeit, wo sie herkommen, was sie freut und was sie bedrückt.

Für mich sind Glaubensgespräche oder dezidiert christliche Glaubensgespräche nicht erst dann christlich, wenn der Name Jesus fällt oder wenn Menschen sich von jetzt auf gleich bekehren, sondern auch wenn sich ein Raum öffnet, in dem sich Menschen füreinander öffnen können. Dann ist das ein erster Schritt in Richtung Reich Gottes.

Jesus sagt, holt die Leute von den Straßen und Zäunen an den Tisch. Das ist ein Symbol: an den Tisch des Reich Gottes kommen. Wir haben das umgesetzt. Jeder war eingeladen. Jesus hat auch nicht gefragt: Was sind das für Leute? Sind die sauber genug? Glauben die genug? Das interessiert erst einmal nicht. Das sind Zweit- oder Drittkategorien.

„Im Vorhinein gab es die Überlegung, ob man so eine Aktion in Zeiten des Terrors machen kann. […] Aber als Konsequenz deswegen, darauf zu verzichten, das wäre das Ende unserer Gesellschaft und auch letztlich unserer Kirche.“

Wie viele Menschen sind gekommen?

Zwischen 800 und 1.000 Menschen. Ich habe die Leute nicht genau gezählt. Als Helfer waren 25 Pfadfinder dabei. Zu Beginn haben wir ein Lied gemeinsam gesungen: „Wir essen zusammen, guten Appetit. Wir essen zusammen, der nächste Tisch isst mit. Amen.“ Ich bin neben den Tischen hergegangen und habe mit der Ukulele dazu gespielt.

Ist etwas schief gelaufen bei der Aktion?

Ich glaube nicht. Es sind trotz der Hitze alle gesund geblieben. Es gab keine Unfälle. Im Vorhinein gab es die Überlegung, ob man so eine Aktion in Zeiten des Terrors machen kann. Ich habe mit der Polizei darüber gesprochen. Wir haben Absperrungen an den jeweiligen Enden der Fussgängerzone installiert. Aber uns war auch klar: Schützen kann man so etwas nicht 100 prozentig. Das kann eine offene Gesellschaft nicht. Eine offene Tafel ist natürlich angreifbar. Aber als Konsequenz deswegen, darauf zu verzichten, das wäre das Ende unserer Gesellschaft und auch letztlich unserer Kirche.

Vielen Dank für das Gespräch.

Wie viele Menschen sind gekommen?

Zwischen 800 und 1.000 Menschen. Ich habe die Leute nicht genau gezählt. Als Helfer waren 25 Pfadfinder dabei. Zu Beginn haben wir ein Lied gemeinsam gesungen: „Wir essen zusammen, guten Appetit. Wir essen zusammen, der nächste Tisch isst mit. Amen.“ Ich bin neben den Tischen hergegangen und habe mit der Ukulele dazu gespielt.

Ist etwas schief gelaufen bei der Aktion?

Ich glaube nicht. Es sind trotz der Hitze alle gesund geblieben. Es gab keine Unfälle. Im Vorhinein gab es die Überlegung, ob man so eine Aktion in Zeiten des Terrors machen kann. Ich habe mit der Polizei darüber gesprochen. Wir haben Absperrungen an den jeweiligen Enden der Fussgängerzone installiert. Aber uns war auch klar: Schützen kann man so etwas nicht 100 prozentig. Das kann eine offene Gesellschaft nicht. Eine offene Tafel ist natürlich angreifbar. Aber als Konsequenz deswegen, darauf zu verzichten, das wäre das Ende unserer Gesellschaft und auch letztlich unserer Kirche.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Martina Blatt. (pro)

Von: mab

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