Martin Luther King, der Medienprofi

Martin Luther King: Bürgerrechtler, Pastor, Pazifist, Attentatsopfer. Viele Begriffe beschreiben den Mann, der in den frühen Sechzigerjahren in den USA eine Führungsfigur im Kampf gegen die Rassentrennung wurde. Dass King auch ein exzellenter Medienprofi war, ermöglichte seine großen Erfolge.
Von PRO
Am 28. August 1963 hielt Martin Luther King seine berühmte Rede „I have a dream“

In den Nachkriegsjahren eroberte ein neues Massenmedium die Haushalte in den Vereinigten Staaten von Amerika: das Fernsehen. Wie nie zuvor konnten eine Modeerscheinung oder eine Person in kürzester Zeit berühmt werden. So gelangten in den bewegten Wirtschaftswunderjahren Konsum und Kultur erstmals direkt in die Wohnzimmer der Amerikaner.

Aber nicht nur Cadillac und Petticoat, Elvis und Western eroberten einen Platz im privaten Raum der Bürger. Das Fernsehen veränderte auch die Beziehung der Bevölkerung zu ihren Politikern. Während der Präsident zuvor eine distanzierte Person war, dessen Stimme Amerikaner bestenfalls im Radio gehört hatten, brachte das Fernsehen ihn in die Privathäuser. Außerdem übermittelte es Ereignisse unmittelbar, was dazu führte, dass sich politische Bewegungen großflächig verbreiten konnten.

Einer, der das sehr früh verstanden hatte, war der Baptistenpastor Martin Luther King. Ihm war klar, dass das neue Medium die Nation allabendlich vor dem heimischen Fernseher zum Nachrichtenschauen versammelte. Und er verstand, dass sein Anliegen, die Rassentrennung in den USA zu beenden, deswegen kein lokales Ereignis bleiben musste, sondern zu einem nationalen Anliegen werden konnte. Seine Chance war es, die Wähler im ganzen Land zu mobilisieren. Denn auf lokaler Ebene gab es in den Südstaaten der Fünfzigerjahre kaum Unterstützer für sein Anliegen.

Das Fernsehen im Blick

King wollte, dass Weiße im ganzen Land zuhause sitzen und zuschauen konnten, wie Schwarze ehrenhaft handelten, während Südstaaten-Offizielle sie angriffen, um die Rassentrennung zu bewahren. Auf diese Weise wurde er zum Dramaturgen der nationalen Moral. Er begriff, dass drastisches Filmmaterial, das klar macht, wer die Bösen und wer die moralisch Überlegenen sind, seinem Zweck dienlich wäre.

Der amerikanische Journalist und Pulitzer-Preisträger David Halberstam erklärt in seinem Standardwerk über die Fünfzigerjahre: „Als Kings Bewegung größer wurde, boten ihm verschiedene Städte Orte für seine Proteste an, aber er wählte sehr sorgfältig diejenigen aus, in denen es die hässlichste und gewaltsamste Rassentrennung gab.“ Und weiter: „Er achtete darauf, dass es dann zu Konfrontationen kam, wenn auch ein Reporter in der Nähe war, der alles im Bewegtbild festhalten und nach New York übermitteln konnte. Er passte auch auf, dass die Aktionen nach Möglichkeit nicht zu spät am Tag stattfanden, damit die Deadlines für die Inhalte der Abendnachrichten nicht gerissen würden.“

In der Vergangenheit war Rassentrennung unterschwellig ausgeübt worden, oft durch existenzielle Bedrohung. Schwarze verloren beispielsweise ihre Jobs, wenn sie eine Petition unterschrieben, die sich gegen getrennte Schulen für Schwarze und Weiße richtete. Halberstam erklärt: „Rassistische Vorurteile waren wie ein riesiges Monster, das nie ans Tageslicht kam; King und seine Unterstützer brachten es nun ans Licht und vor die Linsen der Fernsehkameras, und das Monster begann zu sterben.“

Von: Stefanie Ramsperger

Dieser Text erschien zuerst in der Ausgabe 6/2018 des Christlichen Medienmagazins pro. Das Heft können Sie hier kostenlos online bestellen oder telefonisch unter (06441) 5 66 77 00.

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