Theologe: Gottvertrauen bewahrt vor Angst und Populismus

Kirche müsse sich wieder auf ihre Bedeutung für das gesellschaftliche Miteinander besinnen, sagt der Theologe Christian Wolff. Vor allem, wenn es um die Weitergabe des christlichen Glaubens an Jugendliche gehe.
Von PRO
Pegida-Demo 2015 in Dresden: Theologe Christian Wolff hält solche Bewegungen für unvereinbar mit Kirche und dem christlichen Glauben.

Die Kirche habe die Aufgabe, die christliche Tradition und dessen Lebensentwürfe an die junge Generation weiterzugeben. Das sagte der Theologe Christian Wolff in einem Interview der Zeitung Die Welt. Besonders in einer multireligiösen Welt ermögliche es der christliche Glaube, sich „angstfrei“ und mit einem „gläubigen Selbstbewusstsein“ zu bewegen. Wolff stellte besonders den Gedanken der Gnade heraus: Der Glauben daran, dass der Mensch aus Gnade heraus lebe, ermögliche es, mit Ängsten umzugehen, „gibt Zuversicht und Orientierung und löst Aufbruchimpulse aus“. So könne man sich sowohl im Gelingen als auch im Scheitern der Zusage Gottes sicher sein.

Wirkliche Freiheit könne zudem nur derjenige erleben, der ein festes Fundament verpüre. Genau das schenke der Glauben an Gott. Wolff, der bis 2014 an der Thomaskirche in Leipzig wirkte, erklärte, wie er seinen Konfirmanden den Glauben nahe gebracht habe. Wichtig sei es, zu schauen, wo die Anliegen der Jugendlichen vorkämen. Dazu habe er sich mit den Konfirmanden bei jedem Unterricht zu Beginn den biblischen Wochenspruch und das Wochenlied unter diesem Aspekt genauer angeschaut. Motiviert habe er sie durch den Gedanken, dass die biblischen Texte und Lieder die Jahrhunderte überdauerten – im Gegensatz zu Justin-Bieber-Songs, die in 500 Jahren wahrscheinlich kaum jemand mehr kennen werde, sagte Wolff. „Jugendliche entwickeln sehr schnell ein Gefühl für Werthaltigkeit. Das macht sie neugierig und empfangsbereit.“ Die Grundfrage von Jugendlichen in der Pubertät sei: Wer interessiert sich für mich? Der Konfirmandenunterricht biete einen geschützten Raum, um sich auszuprobieren, alles infrage zu stellen und nach Orientierung zu suchen. Das Wichtigste sei es, die Jugendlichen in ihren Fragen ernst zu nehmen.

Mit Gott durch die Krise

Wolff erklärte zudem banalen Inhalten auf Social-Media-Kanälen der Kirchen eine Absage. Es sei zum Beispiel „geistlos“, den Menschen bei Twitter einfach nur einen „schönen Tag“ und „gesegneten guten Morgen“ zu wünschen, wie es die Nordkirche manchmal mache. „Kirche muss deutlich machen: Die digitale Kommunikation darf die analoge nicht ersetzen.“ Die Menschennähe dürfe nicht verloren gehen. Dass die Kirche zum Teil schon die Verbindung zu ihren Mitgliedern verloren habe, zeige zum Beispiel, dass sich im ganzen Land 25 Prozent der Mitglieder der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) nicht mehr kirchlich bestatten ließen, in Leipzig seien es sogar 50 Prozent.

Wer gläubig sei und Gottvertrauen habe, sei zudem nicht so empfänglich für rechtspopulistische Inhalte, sagte Wolff. „Vielen Menschen mangelt es an einem Krisenmanagement.“ Die Menschen wüssten nicht mehr, wie sie mit Niederlagen, Krankheiten oder Beziehungskonflikten umgehen sollten. Wer in solchen Situationen kein Gottvertrauen besitze, der verfalle leicht „den simplen Erklärungen der Populisten“. Dann werde „der Schwächere für meine Probleme verantwortlich gemacht“. Wolff stellte klar, dass „rechtsradikal ausgerichtete Gruppen wie Pegida/AfD mit der Kirche nichts zu tun haben“. Kirche verkündige „die Botschaft von der Friedfertigkeit und von der Achtung des schwachen und gekränkten Lebens“.

Von: Swanhild Zacharias

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