In Islamdebatte nicht einen Irrtum mit dem anderen bekämpfen

Welche Perspektiven hat das christliche Zeugnis in einer geistlich sprachlosen Gesellschaft? Mit dieser Frage haben sich die Besucher des diesjährigen Allianztages in Bad Blankenburg beschäftigt. Der Islamwissenschaftler Carsten Polanz ermutigte die Christen dazu, sich in der Islamdebatte nicht von extremen Positionen vereinnahmen zu lassen.
Von PRO
Carsten Polanz wünscht sich, dass Christen in ihrem Glauben sprachfähig sind - auch im Dialog mit den Muslimen

In der Auseinandersetzung mit Muslimen ist die persönliche Begegnung mit Muslimen wichtig. Dabei gelte es auch kritische Fragen anzusprechen. Diese Ansicht vertrat der wissenschaftliche Referent beim Institut für Islamfragen der Deutschen Evangelischen Allianz, Carsten Polanz (Gießen), beim Allianztag im thüringischen Bad Blankenburg.

Die Gäste beschäftigten sich mit dem Thema „Islam, christlicher Glaube und Evangelische Allianz – Perspektiven für das christliche Zeugnis in einer geistlich sprachlosen Gesellschaft“. Der Islamwissenschaftler Polanz zeigte dabei zwei gegensätzliche Haltungen auf, die er aktuell beobachte: Einerseits sehe er „destruktive Pauschalisierungen und lähmende Angst“, andererseits starke Tendenzen der Verharmlosung und Beschwichtigung realer Herausforderungen. Dies meldet die Evangelische Nachrichtenagentur idea.

Zu sehr auf Harmonie bedacht

Christen sollten jedoch nicht „einen Irrtum mit dem anderen bekämpfen“, sondern sich ausgewogen einbringen, betonte der Wissenschaftler. Er rief dazu auf, in der Debatte die verschiedenen Ebenen zu trennen. So könne die Errichtung von Moscheen in Deutschland nicht mit dem Verweis auf mangelnde Möglichkeiten zum Bau von Kirchen in Saudi-Arabien verboten werden.

„Es ist für mich aber unverständlich, wenn Bürgermeister oder Pfarrer bei Eröffnungen von einem ‚großen Schritt für die Integration’ sprechen, während sie kein Wort zur katastrophalen Menschenrechtslage in den Herkunftsländern verlieren, von denen die großen Moscheeverbände noch immer stark geprägt und teilweise kontrolliert werden.“ Hier seien die Akteure zu sehr auf die „heutige Harmonie“ und zu wenig auf den morgigen Frieden bedacht.

Toleranz bedeutet nicht Gleichgültigkeit

Polanz votierte für einen ehrlichen Dialog, in dem man auch fundamentale Unterschiede im Gottes-, Menschen- und Gesellschaftsbild und gegenseitige Vorbehalte benennen dürfe. Wie idea schreibt, müsse die Gesellschaft laut Polanz wieder lernen, zwischen Wahrheits- und Machtanspruch zu unterscheiden: „In unserer Gesellschaft gibt es das seltsame Verständnis, dass derjenige tolerant sei, dem alles gleichgültig ist.“ Eine echte Toleranz setze aber immer auch fundamentale Überzeugungen und die sachliche Ablehnung gegenteiliger Überzeugungen voraus.

Der Referent sprach sich dafür aus, sich mit der „geistlichen Sprachlosigkeit“ auseinanderzusetzen. Durch die Säkularisierung finde der Glaube häufig in der Privatsphäre statt. Dabei werde das christliche Zeugnis in der Öffentlichkeit heute dringend gebraucht. Auch in Kirchen und Gemeinden nehme er teilweise eine Entfremdung von der Bibel und eine Leichtfertigkeit im Umgang mit biblischen Grundaussagen wahr. Die Begegnung mit Muslimen verstehe er daher auch als Weckruf, sich wieder neu auf das Evangelium Jesu Christi und die biblischen Grundaussagen zurückzubesinnen.

Vetter: „Jungen Menschen Verantwortung übergeben“

Der Beauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung, Uwe Heimowski, warb dafür, dass Christen auch in einer politisch schwierigen Lage weiter für ihre Politiker beteten. Christen sollten nicht nur gegen etwas sein, sondern sich kritisch mit Themen auseinandersetzen. Die Obrigkeit sei von Gott eingesetzt und verdiene auch bei politischen Differenzen Respekt. Weiterhin stünden Christen in der Verantwortung, für die Wahrheit einzutreten – etwa durch die Prüfung und Korrektur falscher Nachrichten in den Sozialen Medien.

Der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Ekkehart Vetter, betonte, dass es eines der wichtigsten Ziele der Deutschen Evangelischen Allianz sei, die Einheit der Christen zu fördern: „Es geht uns nicht darum, Konfessionen hochzuhalten, sondern das Evangelium zu fördern“. Vetter wünschte sich, dass es den christlichen Gemeinschaften gelinge, jungen Menschen Verantwortung zu übergeben.

Von: Johannes Blöcher-Weil

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