„Fußballvereine sind die wahren sozialen Netzwerke“

Der DFB-Präsident Reinhard Grindel sieht die Ethik im Fußball als hohes Gut an. Der Kampf gegen Doping, Spielmanipulation und Diskriminierung sei deshalb elementar für die Arbeit seines Verbandes.
Von PRO
„Die Menschen würden sich vom Fußball abwenden, wenn sie glauben, dass es nicht mit rechten Dingen zugeht“, sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel in Wiesbaden

„Die Gesellschaft zerfällt in viele digitale Plattformen.“ Das sagte der DFB-Präsident Reinhard Grindel am Mittwochabend bei einer Debatte um ethische Fragen im Spitzensport. Im hessischen Landtag in Wiesbaden beschwor er deshalb die integrative Kraft des Fußballs für die deutsche Gesellschaft.

Es gebe heutzutage nur noch wenig, worüber jeder Deutsche am nächsten Tag spreche, sagte Grindel. Bei der deutschen Fußballnationalmannschaft schauten in der Spitze aber bis zu 30 Millionen Menschen zu. Da jubelten Bayern-München-Fans für Borussia-Dortmund-Spieler – und umgekehrt. „Unsere Fußballvereine sind die wahren sozialen Netzwerke“, befand Grindel. Bei einem Netzausfall seien alle virtuellen Freunde weg, im Fußballverein blieben sie auch ohne Strom.

Ethik wichtig für die Zukunftsfähigkeit des Fußballs

Bei der Zersplitterung der Gesellschaft habe der Fußball eine besondere Bedeutung. „Fußballvereine wurden ursprünglich nicht gegründet, um sozial zu arbeiten“, sagte Grindel. Aber immer mehr würden sich die Vereine ihrer sozialen Verantwortung stellen. Soziale Kompetenzen zu vermitteln, werde in gesellschaftlichen Einrichtungen und Betrieben immer wichtiger.

Laut Grindel hat sich der DFB der Ethik im Sport nicht wegen des Druckes der Medien oder der Sponsoren intensiv verpflichtet. Der Verband tue das aus seinem „ureigenen Zukunftswillen“. Bei dem Kampf gegen Doping und Spielmanipulation gehe es um die Zukunftsfähigkeit des Fußball selbst. „Die Menschen würden sich vom Fußball abwenden, wenn sie glauben, dass es nicht mehr mit rechten Dingen zugeht“, sagte Grindel.

Grindel (l.) war der Einladung der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag gefolgt. Der CDU-Vorsitzende Michael Boddenberg stellte die Fragen. Foto: pro/Michael Müller
Grindel (l.) war der Einladung der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag gefolgt. Der CDU-Vorsitzende Michael Boddenberg stellte die Fragen.

Präventionsprogramme gegen Wettmafia

Der DFB-Präsident sprach beim Thema Spielmanipulation von der „Integrität des Sports“ als bedeutendes Rechtsgut, das mit allen Mitteln des Strafrechts verteidigt werden müsse. In Deutschland würden jährlich 18,5 Milliarden Euro mit Wetten umgesetzt. Gegen diese Verlockungen steuere der DFB mit frühen Präventionsprogrammen bei jungen Spielern dagegen. Mit Aufklärung in den Jugendmannschaften wolle Grindel die Sportler gegen die Gefährdung durch die Wettmafia immunisieren. Als Hilfsmittel werde auch das Sportradar eingesetzt, ein internationales Unternehmen, das Kooperationen mit über 400 verschiedenen Wettanbieter habe und so die Partien überwache. Auf diese Weise könnten teilweise Manipulationsversuche noch vor den Spielen in den Vereinen angesprochen werden.

Beim Kampf gegen Doping arbeite der DFB mit der Nationalen Anti-Doping Agentur Deutschland (NADA) zusammen. Bei der Bündelung der Kompetenzen mit der NADA gingen die Kontrollen runter bis in die Regionalligen. Selten werde etwas gefunden. Es seien dann auch eher Rauschmittel als leistungssteigernde Mittel. Die NADA habe im vergangenen Jahr mehr als 1.100 Wettkampfkontrollen in deutschen Ligen durchgeführt.

Besondere Herausforderung: WM 2018 in Russland

Die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft an Russland, die im kommenden Jahr stattfindet, bezeichnete Grindel als „besondere Herausforderung“. Er halte aber nichts von Boykotten. Dass sie nichts bewirkten, hätten beispielsweise die Olympischen Spiele in Moskau im Jahr 1980 und in Los Angeles im Jahr 1984 gezeigt. Auf der Höhe des Kalten Krieges traten viele westliche Länder nicht in Moskau an. Die Sowjetunion boykottierte die Spiele in Los Angeles. Grindel glaubt, mit dem Einstehen für Fair Play und gegen Doping und Diskriminierung wegen Herkunft oder sexueller Orientierung mehr vor Ort bewirken zu können. Im kommenden Mai setzen der russische und der deutsche Fußballverband ein Zeichen für die Aussöhnung beider Länder. Es werde ein U18-Länderspiel zwischen Deutschland und Russland in Wolgograd geben, um den 75. Jahrestag der Schlacht um Stalingrad im Zweiten Weltkrieg zu gedenken.

Von: Michael Müller

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