Staat soll klare Kante zeigen

Ein Staat, in dem viele unterschiedliche Religionen zusammenleben, hat Herausforderungen zu bewältigen. Dabei muss er deutlich machen, was er im religiösen Zusammenleben erlaubt und was nicht. Das meint der Jurist Markus Heimann in einem Gastbeitrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Von Johannes Blöcher-Weil
Die Initiatoren des House of One in Berlin setzen sich für ein gutes Zusammenleben der Religionen in einer multirelgiösen Gesellschaft ein

Der Anteil der muslimischen Bevölkerung in Deutschland wächst. Der Einfluss der Volkskirche schwindet. Immer mehr Menschen gehören keiner Religionsgemeinschaft an. Damit trotzdem das Zusammenleben gelingt, plädiert der Rechtswissenschaftler Markus Heimann in einem Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für klare Regeln im Zusammenleben.

Religionsfreiheit erscheine heute selbstverständlich, sei aber das Ergebnis langer Prozesse. Das Recht darauf könne eingeschränkt werden, wenn einem anderen Rechtsgut ein höheres Gewicht zukomme. „Dabei müssen die Begründungen für eine Einschränkung religionsneutral sein“, erklärt Heimann. Eine geschützte Religionsfreiheit liege im individuellen Interesse der Gläubigen. Außerdem ermögliche sie religiösen Frieden.

Antworten auf religiöse Heterogenität finden

Weil dies in der Vergangenheit sehr fragil gewesen sei, habe man einen Weg im Umgang der Religionen miteinander finden müssen. Das bestehende rechtliche Instrumentarium gehe angemessen mit den Differenzen um. Das Reformationsjubiläum sieht Heimann als Beginn, „Antworten auf den Umgang mit mit religiöser Heterogenität in der Gesellschaft finden zu müssen. Damit bleibt die Religionsfreiheit der Schlüssel zur Bewältigung aller neuen Fragestellungen durch Religion.“

Der Staat müsse künftig fragen, in welchen Lebensbereichen religiös motivierte Handlungsweisen hingenommen werden können oder der Schutz anderer Rechtsgüter Verbote oder Auflagen notwendig mache. Auch Entscheidungen, die den eigenen religiösen Vorstellungen zuwiderlaufen, seien zu befolgen. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung dürfe nicht bekämpft werden.

Solch ein Zusammenleben erfordere Zugeständnisse, etwa wenn Ungewohntes erlaubt oder nicht verboten werden könne. Ebenfalls nicht erlaubt sei es, alles Religiöse aus der Öffentlichkeit herauszudrängen, insofern es einem anderen Rechtsgut nicht widerspreche. Aus Heimanns Sicht darf ein religiöses Weltbild sogar im Gegensatz zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, „solange keine Straftaten begangen werden oder sonst aktiv gegen sie vorgegangen wird“.

Vertrauen in die befriedende Kraft finden

Die Integration der Muslime erkenne man daran, ob sie den säkularen und freiheitlichen Staat bejahten. Wenn zu viele ihn ablehnten, stehe der Staat vor großen Herausforderungen. Aktuell habe Deutschland ein funktionierendes religionsrechtliches System. Wesentlich für das Zusammenleben in einer „multi- und areligiösen Gesellschaft seien aber das Verständnis und die Akzeptanz der Funktionsweise der Religionsfreiheit auf allen Seiten und das Vertrauen in ihre befriedende Kraft“. Dies müsse man als elementaren gesellschaftlichen Grundkonsens herausstellen und stärken, findet der Jurist, der Öffentliches Recht an der Hochschule der Bundesrepublik Deutschland lehrt. (pro)

Von: jw

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