Thomas de Maizière: „Nicht an Begriffen festbeißen“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat dafür geworben, sich in der Leitkultur-Debatte nicht an Begriffen festzubeißen. Er finde den Ausdruck der Leitkultur zwar immer noch gut. Wenn es der Diskussion über Inhalte diene, könne er künftig aber auch von einem Leitbild sprechen, sagte der CDU-Minister am Dienstag.
Von Johannes Blöcher-Weil
Thomas de Maizière möchte sich nicht an bestimmten Vokabeln in der Leitkultur-Debatte festbeißen, hält die Diskussion an sich aber für notwendig

Am Dienstag hat die „Initiative kulturelle Integration“ 15 Thesen für das friedliche Miteinander von Einheimischen und Zuwanderern in Berlin vorgestellt. An der Formulierung der Thesen hatten sich der Deutsche Kulturrat, Vertreter der Religionsgemeinschaften und der Kultusministerkonferenz beteiligt. Die Initiative stellte unter anderem fest, dass der kulturelle Reichtum auch auf den Einflüssen Zugewanderter beruhe, und Religion auch in den öffentlichen Raum gehöre.

Die Initiative überreichte die Thesen an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ihnen ging es darum, die von Innenminister Thomas de Maizière angestoßene Debatte zur Leitkultur aufzugreifen. Die 15 Thesen sollen einen Beitrag zu gesellschaftlichem Zusammenhalt und kultureller Integration leisten. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, sagte, Deutschland sei zwar ein Einwanderungsland. Es fehle aber immer noch der „Stolz auf eine vielfältige Gesellschaft“.

Neutralität nicht mit Neutralisierung verwechseln

Unterdessen hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erneut seinen Debattenbeitrag zur deutschen Leitkultur verteidigt. Für diesen musste er Anfang des Monats viel Kritik einstecken. Darin hatte er formuliert: „Wir geben uns zur Begrüßung die Hand.“ Und: „Wir sind nicht Burka.“ De Maizière sagte dazu: „Wir können von niemandem verlangen, unsere Lebensweise zu respektieren, wenn wir sie nicht formulieren.“

Für die katholische Kirche beteiligte sich der Münsteraner Weihbischof Christoph Hegge an der Ausarbeitung der Thesen. „Die Integration von Geflüchteten, die in der Regel religiös geprägt sind, wird nur dann gelingen, wenn wir in Deutschland weltanschauliche Neutralität nicht mit Neutralisierung verwechseln“, zitiert ihn die Deutsche Bischofskonferenz in einer Pressemitteilung.

In der Präambel des Thesenpapiers „Zusammenhalt in Vielfalt“ bekräftigen die Mitglieder der Initiative, dass Integration alle Menschen in Deutschland betrifft: Gesellschaftlicher Zusammenhalt könne weder verordnet werden, noch sei er allein eine Aufgabe der Politik. These Eins lautet: Das Grundgesetz als Grundlage für das Zusammenleben der Menschen in Deutschland muss gelebt werden.

In den folgenden Thesen wird die deutsche Sprache als Schlüssel zur Teilhabe und Bildung als Zugang zur Gesellschaft gesehen. Zudem gehöre die Religion auch in den öffentlichen Raum, genau so wie Einwanderung und Integration zur Geschichte des Landes. Bürgerschaftliches Engagement wird als gelebte Demokratie empfunden. Die Mitglieder der Initiative treten für eine solidarische und weltoffene Gesellschaft ein.

Wie erfahren die Geflüchteten davon?

Die anschließende Debatte habe die Schwächen des Papiers deutlich gemacht, lautet das Fazit der Tageszeitung Die Welt. Es sei völlig unklar, wie die Hunderttausenden Geflüchteten und andere Migranten von den 15 Thesen erfahren sollten. Der höchste Kurdenvertreter Ali Ertan Toprak wird mit den Worten zitiert: „Warum begreifen sich viele hier lebende Migranten auch nach Jahren nicht als Deutsche?“ Dies sei das einzige Mal, dass über diejenigen gesprochen wurde, die das Papier betreffe.

Initiatoren sind der Deutsche Kulturrat, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Bundesministerium des Innern, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Neben den Initiatoren gehören 23 weitere Mitglieder aus der Zivilgesellschaft, den Kirchen und Religionsgemeinschaften, den Medien, den Sozialpartnern, den kommunalen Spitzenverbänden und der Kultusministerkonferenz der Initiative an. Die 15 Thesen und ihre Erläuterungen sind online verfügbar. (pro)

Von: jw

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