„Berlin mag Minderheiten – es sei denn, es sind Christen“

Die Menschen in Berlin tolerieren alles und jeden – reagieren aber komisch, wenn man sich zum Christentum bekennt. Diese Erfahrung beschreibt der Journalist Friedhard Teuffel in einem Kommentar im Tagesspiegel.
Von PRO
Christ sein in Berlin heißt: einer Minderheit angehören

Eigentlich stünden Minderheiten in Berlin immer unter einem gewissen Schutz. Nicht so bei Christen. Das schreibt Friedhard Teuffel in einem Kommentar, der unter der Überschrift „Ich bin Christ – und das ist gut so!“ zunächst in der gedruckten Samstagsbeilage „Mehr Berlin“ des Tagesspiegels, und anschließend auf tagesspiegel.de erschien. Teuffel leitet die Sportredaktion der Zeitung. „Ich wundere mich als Christ immer wieder über die Bestimmtheit, den Furor beim Abkanzeln des christlichen Glaubens“, schreibt er. „Bisher ist mir das vor allem in Berlin begegnet, also gerade in der Stadt, die ich sonst wegen vieler menschlicher Eigenheiten so mag.“
Berlin habe für den christlichen Glauben einen festen Platz vorgesehen: „die Rechtfertigungsecke“, schreibt Teuffel. „Berlin trägt seine Offenheit ja sonst gerne wie eine Monstranz vor sich her. Ich habe aber den Eindruck, dass hier jedem Fetisch mehr Toleranz entgegengebracht wird als dem christlichen Glauben.“
Dabei seien die Sünden der Kirche offen bekannt: „Jeder, der gegen das Christentum wettert, betet sie herunter: von den Kreuzzügen über pädophile Priester, Diskriminierung von Frauen, Schwulen etc.“ Immer stehe dabei der Vorwurf im Raum: Wer sich zum christlichen Glauben bekennt, deckt diese Schandtaten. „Als ob nicht Millionen von Christen gegen solche Verbrechen sind. Als ob nicht Millionen von Christen sie aufklären, verurteilen, helfen wollen, sie künftig zu verhindern.“

„Wer nicht dazugehören möchte, kann austreten“

„Ich bin nicht verantwortlich für einen pädophilen Priester.“ Teuffel fragt: „Wer glaubt denn ernsthaft, man könne nicht zugleich die Institution Kirche kritisieren – und dennoch weiter glauben?“ Das Abarbeiten am Christentum klinge für ihn dabei oft „merkwürdig selbstherrlich“. Der Autor schreibt weiter: „Von einer Lehrerin hörte ich, dass Eltern in einer Schule Weihnachtslieder verbieten lassen wollten, in denen das Wort Gott vorkommt. Wie aber soll denn dieser Gott, den es doch angeblich gar nicht gibt, euren Kindern etwas anhaben?“
Gerade in Berlin begegne ihm eine Skepsis gegenüber dem Christentum. Als in einer Runde jemand erwähnte, er habe sein Kind taufen lassen, kam als Reaktion: „Was, so einen Blödsinn glaubst du?“ Und: „Willst du das deinem Kind nicht selbst überlassen? Aus dem Verein kommt es so leicht nicht mehr raus.“ Kürzlich habe ihm jemand erzählt, dass sein Sportverein jetzt mit einer Kirchengemeinde zusammenarbeite. Ganz eilig schob er hinterher: „Aber nur für diese eine Aktion. Hat auch nix mit Religion zu tun. Und manche von denen sind ganz in Ordnung.“
Ein anderes Mal sprach jemand über einen Pfarrer: „Der ist vernünftig, hat mich echt überrascht.“
Doch er selbst glaube, auch wenn er zweifle. „Das Schöne ist doch: Ich kann etwas glauben. Und ich muss nicht alles glauben. Zweifeln gehört für mich dazu.“ Was die Kirche angeht, schreibt Teuffel: „Wer nicht dazugehören möchte, kann wieder austreten.“ (pro)Wenig Ahnung von Luther (pro)
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