Atempause beim Bildungsplan?

Bei der Einführung des baden-württembergischen Bildungsplans deutet sich eine zeitliche Verschiebung an. Die Lehrergewerkschaft plädiert für eine spätere Einführung als ursprünglich angedacht. Ende März soll es zudem zu einem Treffen zwischen Landespolitikern und Pietisten kommen.
Von PRO
In welchem Jahr wird der Bildungsplan in den baden-württembergischen Schulen eingeführt - 2015 oder 2016?
In der Debatte um den baden-württembergischen Bildungsplan, der die „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ im Schulunterricht fördern und 2015 schrittweise eingeführt werden soll, ist noch vieles offen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) plädiert in einer aktuellen Stellungnahme dafür, den Plan erst zum Schuljahr 2016/17 einzuführen, meldet die Stuttgarter Zeitung. Die Lehrergewerkschaft wolle die Diskussion vertiefen, Wogen glätten und die Leitlinien überarbeiten. Das Ziel solle dabei nicht aufgegeben werden. In dem Papier hatte die Arbeitsgruppe Lesben- und Schwulenpolitik der GEW versucht, Kompetenzen zur Akzeptanz sexueller Vielfalt in die in dem neuen Bildungsplan erstmals vorgesehenen Leitlinien zu integrieren. Das sei misslungen, nimmt die GEW Stellung.

Kein Abrücken vom Anliegen, nur mehr Zeit geben

Die Landesvorsitzende der GEW, Doro Moritz, erklärte, dass das Thema sexuelle Vielfalt in dem neuen Bildungsplan voraussichtlich deutlich seltener erwähnt werde als in dem Arbeitspapier. Dies bedeute jedoch kein Abrücken von dem Anliegen, Kompetenzen zur Akzeptanz zu vermitteln, sagte Moritz laut der Stuttgarter Zeitung. Zur Überarbeitung der Leitlinien sollten sich Ministerium und Beteiligte Zeit nehmen, findet Moritz. Der Bildungsplan könnte auch noch ein Jahr später eingeführt werden. Der Zeitplan der grün-roten Landesregierung zur Erstellung des Bildungsplans gelte als sehr anspruchsvoll, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Fachleute bezweifelten ohnehin ein Inkrafttreten im Jahr 2015. Die GEW empfehle „dringend“, ein neues Leitprinzip in den Bildungsplan aufzunehmen. Es könnte „Anerkennung gesellschaftlicher und kultureller Diversität“ heißen. Die Akzeptanz sexueller Vielfalt könnte unter dieser Überschrift ausformuliert werden. Diskutanten des Bildungsplans hatten auch die Überbetonung von Sex und Sexualität im Arbeitspapier kritisiert.

Ministerpräsident muss selbst aktiv werden

Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl forderte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auf, selbst einen Kompromissvorschlag zu formulieren und dies nicht einer Gewerkschaft zu überlassen. Strobl sagte laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Der Ministerpräsident muss verantwortlich sein für das, was seine Regierung macht, er ist der Regierungschef.“ Kretschmann könne in der Bildungspolitik nicht so tun, als ob er damit nichts zu tun habe. Strobl fügt hinzu: „Es ist richtig, den Toleranzgedanken im Bildungsplan zu verankern, es ist aber nicht nötig, das Thema sexuelle Vielfalt zu überhöhen.“

Kretschmann trifft Pietisten

Am 27. März soll es einen Meinungsaustausch von Ministerpräsident Kretschmann mit pietistischen Gruppierungen innerhalb der evangelischen Landeskirche geben, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter Berufung auf das baden-württembergische Staatsministerium. An dem Gespräch beteiligten sich Vertreter der württembergischen Landessynode, der Deutschen Evangelischen Allianz, der württembergische Christus-Bewegung „Lebendige Gemeinde“, des württembergischen Gemeinschaftsverbandes „Die Apis“ sowie einzelne Pfarrer. Kultusminister Andreas Stoch (SPD) wolle an dem Treffen nicht teilnehmen. Kretschmann werde voraussichtlich von dem Finanzstaatssekretär Ingo Rust (SPD) begleitet, der Mitglied einer pietistischen Gemeinde ist. Kretschmann sagte Ende Februar in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit, er sehe in der Auseinandersetzung um den Bildungsplan einen Kulturkampf. Er nehme die Kritiker der Pläne ernst, aber ihre Ängste seien nicht berechtigt. Die nächste planmäßige Sitzung des Bildungsplanbeirats ist laut Kultusministerium im Mai vorgesehen, schreibt die Stuttgarter Zeitung. In dem Beirat sind unter anderem Kirchen, Kommunen und Wirtschaftsverbände vertreten. Die allgemeine Anhörungsphase zum Bildungsplan sei derzeit für September geplant.
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/detailansicht/aktuell/ich-will-keinen-kulturkampf/
https://www.pro-medienmagazin.de/fernsehen/detailansicht/aktuell/maischberger-homosexualitaet-akzeptieren-oder-nur-tolerieren/
https://www.pro-medienmagazin.de/kommentar/detailansicht/aktuell/nagelprobe-des-pluralismus/
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