„Richter leugnen Rolle des Christentums in Europa“

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Straßburg über Kreuze in Klassenzimmern ist international auf scharfe Kritik gestoßen. Nicht nur italienische Politiker, Abgeordnete des Europaparlaments und Politiker in Bayern äußerten sich entsetzt – auch der Vatikan in Rom fand deutliche Worte.
Von PRO

Die italienische Regierung reagierte mit Empörung auf das vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gefällte Urteil, wonach Kreuze nicht in Schulklassen hängen dürfen, weil damit das Recht der Schüler auf Religionsfreiheit verletzt werde. "In Italien wird niemand Kreuze entfernen, weder von einem säkularen Ort noch sonstwo. Das Urteil ist ein besorgniserregendes Signal der antispirituellen Tendenzen in Europa", warnte der italienische Europaminister Andrea Ronchi im italienischen Fernsehen. Die Regierung unter Premierminister Silvio Berlusconi werde gegen das Urteil Berufung einlegen, so der Minister.

Laut Medienberichten kritisierte die Vorsitzende der gemeinsamen Kommission von Abgeordnetenhaus und Senat für die Kinderrechte, Gabriella Carlucci, das Urteil als "absurd". Das Kreuz sei ein "Symbol der italienischen Geschichte und Kultur" und damit auch der Identität des Landes.

Ähnlich äußerte sich auch der Vatikan zu dem Urteil. Das Kruzifix sei ein elementares Zeichen für die Bedeutung der religiösen Werte in der italienischen Geschichte und Kultur, sagte Vatikan-Sprecher Pater Federico Lombardi laut "Katholischer Nachrichtenagentur" (KNA) am Mittwoch. Das Urteil sei vom Vatikan mit "Erstaunen und Bedauern" zur Kenntnis genommen worden. "Es scheint, als wolle man die Rolle des Christentums für die Formung der europäischen Identität leugnen." Als schwerwiegend bezeichnete es Lombardi, dass gerade an Schulen ein Symbol für die Bedeutung religiöser Werte ausgegrenzt werden solle. "Religion leistet einen wertvollen Beitrag für die Erziehung und das moralische Wachstum der Person und ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Zivilisation", so der Vatikan-Sprecher.

Scharfe Kritik aus Bayern

Das Straßburger Urteil stieß unterdessen auch in Bayern auf scharfe Kritik. Der CSU-Politiker und Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP)im Europäischen Parlament, Manfred Weber, sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in München, wenn man in Europa so mit dem Christentum umgehe, säge man auf dem Ast, auf dem man selber sitze. Die Werteordnung der Europäischen Menschenrechtskonvention basiere auf dem christlichen Menschenbild. "Deshalb darf es ein Verteufeln christlicher Symbolik in öffentlichen Räumen nicht geben", so der CSU-Politiker.

Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) sieht das Urteil im Einklang mit der Praxis in Bayern. "Kreuze werden auch künftig in Bayerns Klassenzimmern hängen", so Spaenle laut dpa. Es stehe in besonderer Weise für die christlich-abendländische Geschichte und für ein Leben nach christlichen Werten, die auch in der bayerischen Verfassung verankert sind. "Werteerziehung und Persönlichkeitsbildung sind wichtige Grundpfeiler in unseren Schulen." In Bayern würden allerdings Kreuze in Klassenzimmern abgehängt, wenn Eltern oder Schüler aus Gründen des Glaubens oder der Weltanschauung dem Kreuz im Klassenzimmer ernsthaft widersprächen. Damit stehe die Praxis in Bayern im Einklang mit dem Straßburger Urteil.

Bayerns Europaministerin Emilia Müller (CSU) sieht in dem Urteil einen "Bärendienst" für den Menschenrechtsgedanken. Das Kreuz stehe als Symbol für die Nächstenliebe und für die gemeinsamen europäischen Werte, die in einer langen Tradition gewachsen seien. "Das Kreuz in den Klassenzimmern drückt dieses gemeinsame Wertefundament aus."

1995 hatte das Bundesverfassungsgericht die Anordnung in der bayerischen Volksschulordnung zur Anbringung von Kreuzen als verfassungswidrig aufgehoben. Die Regelung verstoße gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit und die staatliche Neutralitätspflicht, so die Karlsruher Richter. Der bayerische Landtag hatte daraufhin ein neues Gesetz verabschiedet, wonach das Kreuz abgehängt werden muss, wenn ein Erziehungsberechtigter dem Anbringen des Kreuzes aus Gründen des Glaubens oder der Weltanschauung widerspricht.

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