Luther ist Kult

"Luther kommt!" lautet das Motto, mit dem die Evangelische Landeskirche in diesem Jahr die Lutherdekade eingeläutet hat. Tatsächlich kommt man an dem wohl berühmtesten Kirchenmann Deutschlands derzeit kaum vorbei. Luther-Brot, Luther-Bier, Luther-Musical und Luther-Bonbons zeigen: Der vor über 500 Jahren geborene Reformator hat teilweise Kultstatus erreicht.
Von PRO

400.000 Gäste besichtigen die Lutherstadt Wittenberg jährlich. Eine immense Zahl für die knapp 50.000 Einwohner fassende Stadt. Dass diese Statistik rückläufig wird, ist wohl nicht zu erwarten, steuert die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) doch derzeit auf den 500. Jahrestag der Reformation zu. Dieser soll 2017 gefeiert werden. Den morgigen Festtag begeht die Lutherstadt wie gewohnt: Mit Gottesdiensten, Vorträgen und Konzerten zu Ehren des Geistlichen. Wer sich in die Welt Luthers hineinversetzen möchte, kann dies bei einem riesigen Historienspektakel in und um die Schlosskirche tun.

Luther ganz modern

Mehr als Traditionsfeste bieten Kirchen und Veranstalter Interessierten in ganz Deutschland. Damit, so scheint es, wollen sie besonders das junge Publikum erreichen und der historischen Figur Martin Luther ein modernes Gewand verleihen. In Hamburg lädt die Evangelische Kirche am Reformationstag zu einem Luther-Musical in die Hauptkirche St. Petri ein. Thema der Inszenierung ist nicht nur die Geburt der Evangelischen Kirche, sondern auch die Beziehung von Martin Luther und seiner Ehefrau Katharina von Bora. „Katharina, Luthers Morgenstern“ ist der Titel des jazzig-poppigen Stücks aus der Feder von Kirchenmusiker Hartmut Stanszus und Pastor Johannes Calliebe-Winter.

„Wir wollen kein Halloween, wir wollen Reformation feiern“, heißt es beim Evangelischen Jugendwerk in Württemberg (EJW). Gemeinsam mit den Badener Kirchen begeht das EJW am Reformationstag die „Churchnight“, eine deutschlandweite Aktion, die verstärkt junge Besucher in die Kirchen locken soll. Die Gotteshäuser präsentieren sich dann in neuem Gewand: Mit bunter Beleuchtung, moderner Musik und außergewöhnlichen Veranstaltungen.

Leckereien tragen Namen des Reformators

Der Bekanntheitsgrad Luthers zeigt sich auch in seiner Vermarktung. In Münster etwa werden, passend zum Jahrestag des Thesenanschlags an die Schlosskirche, ein Luther-Menu und Luther- Schwarzbier angeboten. „Reformationsbrot“ kann in Wittenberg gekauft werden, das Rezept gibt es für ganz große Lutherfans aber auch im Internet. Mit Lutherbonbons macht die Nordelbische evangelisch-lutherische Kirche seit einiger Zeit auf die zunehmende Verdrängung des Reformationstages durch das moderne „Halloween“ aufmerksam. Bei dem heidnischen Brauch verkleiden sich die Kinder, um an Haustüren Süßigkeiten zu sammeln. „‚Halloween‘ gelaufen und ‚Lutherbonbons‘ bekommen?“, fragen die Erfinder auf ihrer Homepage. Die Leckereien sollen selbst Halloween-Freunde auf Martin Luther aufmerksam machen.

Der in diesem Jahr eröffnete „Luther-Pilgerweg“ zwischen Eisleben, der Geburtsstadt des Reformators, und Wittenberg, lässt Pilger die Lebenswege des ehemaligen Mönchs nachvollziehen. An den Pilgerstationen auf dem Weg gibt es für die erschöpften Wanderer den „Lutherbecher“, ein Kräuterlikör.

„Luther war einer der ersten Popstars“

Pünktlich zum Festtag öffnet die Ausstellung „Fundsache Luther“ im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle. Gezeigt wird bisher nie Gesehenes, etwa Ausgrabungsstücke aus Mansfeld, wo Luther seine Kindheit verbrachte, oder aus der Stätte seines Schaffens, Wittenberg. Die Exponate, wie Schmuckstücke, Spielsachen und Gegenstände der Hausapotheke, lassen auf das Leben Luthers schließen. So soll eine Malerwerkstatt schon zu seinen Lebzeiten über tausend Lutherportraits hergestellt haben. „Luther war einer der ersten Popstars“, schließt die „Zeit“ aus diesem Umstand. Dass er an Popularität bis heute nicht eingebüßt, sondern gewonnen hat, machen nicht nur die zahlreichen Events und „Fanartikel“ deutlich. Über eine Million Zuschauer wählten Martin Luther 2003 bei der ZDF-Sendung „Unsere Besten“ hinter Konrad Adenauer zum zweitbedeutendsten Deutschen. Wer auch nach dem 31. Oktober noch nicht genug von Luther hat, kann am 10. November gleich wieder feiern. Dann wäre der „Popstar“ Luther 525 Jahre alt geworden. (PRO)

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