Der Dalai Lama und seine Wellness-Religion

Als "unreflektierten Patchwork-Glauben light" hat der Journalist Peter Hahne in der "Bild am Sonntag" den Buddhismus bezeichnet. In seiner Kolumne schreibt Hahne über die Faszination "Dalai Lama" und die Frage, wie friedlich der Buddhismus wirklich ist.
Von PRO

Hahne sprach von einem „unreflektierten Patchwork-Glauben light“, der dem allgemeinen Trend zur Unverbindlichkeit entgegenkomme, wo man sich am religiösen Buffet sein individuelles Menü zusammenstelle und Nirwana, Karma oder Mantra plötzlich ganz toll finde. „Als Christ erstaunt es mich einfach, wie kritiklos dieselben Leute von der Botschaft des Dalai Lama schwärmen, die Jesus Christus in das Reich der Mythen verweisen“, schreibt Hahne. Selbst Gegner überschütte der „Gott zum Anfassen“ in Liebe mit seinen Beliebigkeiten und fasziniere mit entwaffnender Freundlichkeit. „Da bleibt der sonst so geschärfte Verstand des trendigen Sinnsuchers schon mal auf der Strecke“, so das Fazit des Bestsellerautors.

Eine Bekannte Hahnes kommentierte einen Vortrag des Dalai Lama als „Plauder-Plattitüden auf Kalenderspruch-Niveau“. „Dann doch lieber den Papst oder so ein Mannsbild wie Martin Luther, der mit der Waffe des Wortes die Welt aus den Angeln gehoben hat“, so die Freundin. Sprüche wie „Das Glück muss von innen kommen“ faszinieren die breiten Massen weltweit – insbesondere in Deutschland, wo der Mann mit dem Dauerlächeln vergangene Woche zum 33. Mal war und am heutigen Montag seinen Deutschland-Besuch beendet. Die Bekannte Hahnes sagte, die Worte des Dalai Lama hätten wie aus dem Poesiealbum zu Urgroßmutters Zeiten geklungen, als er unter frenetischem Jubel meinte: „Der Zweck unserer Existenz ist Glücklichsein.“

„Coca-Cola-Buddhismus“: Eine undurchsichtige Zusammensetzung

Hahne mutmaßte über den 14. Dalai Lama, die Glaubwürdigkeit seiner Botschaft der Gewaltlosigkeit komme von dessen Aura der Güte und Wärme, die ihn umgebe. „Er ist religiöser Guru und weltlicher PR-Mann Tibets in einer Person, bietet einen Mix aus Politik und Mission“, sagt Hahne. Für gestresste Westler wirke sein simples Credo wie Offenbarung pur: „Meine Religion ist Güte“ – ein Bekenntnis, mit dem man nichts falsch machen könne. Der Journalist stellte die Frage, ob diese werbewirksamen Klischees einer zwanglosen Spiritualität denn stimmen? Michael von Brück, Tibet-Experte und Religionswissenschaftler, sprach vom „Coca-Cola-Buddhismus“: „Kaum einer kennt die Zusammensetzung genau, aber es schmeckt irgendwie gut. Hauptsache, die gestresste Seele wird wieder fit.“

„Der Gott ohne Kirchensteuer vertritt eine Wellness-Religion, die nichts fordert und keinem weh tut, die weder Himmel noch Hölle, weder Sünde noch Dogmen kennt. Ethik, Meditation und Weisheit sind die drei Säulen seiner Lehre zwischen Räucherstäbchen und Sinnsuche“, so Hahne. „Da wandeln sich selbst Plattitüden in profunde Erkenntnisse von globalem Wert, da wird selbst Geschirrspülen zur Quelle der Lebensfreude, wie die FAZ schrieb.“

„Meister der rhetorischen Zurückhaltung“

Von einer „entwaffnenden Freundlichkeit“ schreibt auch „Spiegel Online“-Autor Florian Gathmann. So schrieb er vergangenen Freitag, dass sich der Dalai Lama durch „sture Freundlichkeit“ brisanten Fragen entziehe. Hintergrund war dessen Exklusiv-Interview mit Maybrit Illner für das ZDF. „Wenn der Dalai Lama eine Frage nicht beantworten mag, sagt er einfach nichts. Und lächelt. Oder macht zumindest eine sehr lange Pause, nach der das Oberhaupt der Exil-Tibeter dann Dinge sagt, die mit der Frage nicht mehr ganz so viel zu tun haben“, kommentierte Gathmann das Interview. Manchmal lache der Dalai Lama auch leise meckernd, um schließlich Sätze zu sagen wie: „Wenn ich schlaflos wäre, das wäre ein Problem für mich.“

Der Dalai Lama fliege schon beinahe sein ganzes Leben lang rund um den Globus, immer für die Sache Tibets. „Und weil dieser Sache in erster Linie der Gigant China im Wege steht, ist der Kopf der Exil-Tibeter zu einem Meister der rhetorischen Zurückhaltung gereift“, schrieb der Autor und zitierte anschließend den Dalai Lama: „Wir sind nicht antichinesisch, wir respektieren den Wohlstand der Chinesen.“ Weiter sagt er: „Als Nation müssen wir China respektieren.“ Das Mantra des Dalai Lama laute: „China ist groß, China ist mächtig – Tibet dagegen klein und schwach.“ (PRO)

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