Studie unter Jugendlichen: Religion beeinflusst Gewaltbereitschaft

Gewalt ist unter muslimischen und jüdischen Jugendlichen doppelt so stark akzeptiert wie unter jungen Christen. Eine europäische Forschergruppe unter Leitung des Würzburger Religionspädagogen Hans-Georg Ziebertz ging der Frage nach: "Wie stark beeinflusst die religiöse Orientierung die Lebensgestaltung und Wertorientierung bei Jugendlichen?"
Von PRO

Die Gewaltbereitschaft und Fremdenfeindlichkeit bei Jugendlichen wird offenbar stark durch das Zusammenwirken von Nationalkultur und Religion beeinflusst. Für die Studie befragten die Wissenschaftler in den vergangenen vier Jahren rund 10.000 Jugendliche aus Europa, der Türkei und Israel. Rund 5,4 Prozent der Befragten gaben an, bei der Durchsetzung politischer Vorstellungen bereits Gewalt angewendet zu haben, und etwa 37,2 Prozent finden Gewaltanwendung unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt. Mehr als die Hälfte lehnten Gewalt bei der Durchsetzung politischer Ziele strikt ab. Unter muslimischen und jüdischen Jugendlichen zeigen sich doppelt so viele gewaltbereit wie junge Christen.

Stark fallen auch die Unterschiede im Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit aus. Während 20 Prozent der christlichen Jugendlichen Sympathie für Fremdenfeindlichkeit zeigen, sind es rund 30 Prozent unter den muslimischen und etwa 50 Prozent unter jüdischen Befragten. Dennoch könne „Religionszugehörigkeit nicht als isolierter Grund“ ausgemacht werden, so Ziebertz. Denn beispielsweise näherten sich die Werte der in Westeuropa aufgewachsenen Muslime bei Gewaltbereitschaft und Fremdenfeindlichkeit denen der westlich-christlichen Jugendlichen an. „Es muss somit ein Mix von Nationalkultur und Religion als Einflussgröße angenommen werden.“

„Traditionell katholische Länder fremdenfeindlicher“

Ebenfalls müsse im christlich dominierten Europa auch zwischen den Konfessionen unterschieden werden. So sei die Gewaltbereitschaft und Fremdenfeindlichkeit in traditionell katholischen Ländern wie Polen und Kroatien höher als im übrigen Europa. Neben den religiösen Einflüssen befördern aber auch die Kultur und bestimmte Persönlichkeitsmerkmale solche Tendenzen wie beispielsweise problematischen Elternbeziehungen oder Autoritätshörigkeit.

Zudem zeigt sich bei Jugendlichen, die überzeugt sind, ihre Religion sei die einzig wahre, eine erhöhte Gewaltbereitschaft. Diese Haltung werde vor allem von jungen Muslimen in der Türkei, jüdischen Jugendlichen in Israel und Katholiken in Polen vertreten, heißt es in der Studie. Weiter stünden diese Jugendlichen mit einer monoreligiösen Haltung der Idee Europas als einem vielgestaltigen Kulturraum oft skeptisch gegenüber. „Interessant ist, dass stark religiöse Muslime, Juden und Christen ähnliche Denkstrukturen aufweisen“, so der Religionspädagoge. „Die Unterschiede sind graduell, aber nicht strukturell.“ (PRO)

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