Kardinal Lehmann: Prägnante Stimme in der Medienwelt

Kardinal Karl Lehmann legt sein Amt als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz aus gesundheitlichen Gründen nieder. In den fast 21 Jahren, in denen der 71-Jährige das Amt ausübte, profilierte sich Lehmann als eine prägnante Stimme auch in der Medienwelt – indem er sich unmissverständlich zum Glauben äußerte.
Von PRO

Kardinal Karl Lehmann war 1983 von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Mainz ernannt worden. Zuvor war er 15 Jahre lang Theologieprofessor. 1985 wurde er stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, zwei Jahre später Vorsitzender. Seit Ende vergangenen Jahres leidet Lehmann an Herz-Rhythmus-Störungen. In einem am Dienstag veröffentlichten Brief an die Konferenzmitglieder erklärte der Kardinal, mit seiner Krankheit sei eine „eindeutige Zäsur“ erreicht, die ihm in Zukunft eine Ausschöpfung seiner Kräfte in bisherigem Maß nicht mehr erlaube. Sein Amt lege er zum 18. Februar nieder. Bei der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe in Würzburg in der Woche zuvor soll bereits ein Nachfolger gewählt werden.

Christliche Botschaft prägnant vermitteln

Lehmann äußerte sich als Repräsentant der Katholiken in Deutschland häufig zu aktuellen Debatten. Die Medien nutze Lehmann bewusst als „Mittel der Kommunikation und Verkündigung“, wie er in einem Interview mit dem „Medium Magazin“ sagte. Dabei legte Lehmann großen Wert darauf, die christliche Botschaft prägnant zu vermitteln. Die Kirche und jeder einzelne Gläubige, so Lehmann, müssten entschieden für die Sache Jesu Christi eintreten. „Die Medien berichten über die Suche nach Sinn. Die Kirche aber bietet eine Antwort: Jesus Christus.“

Unverwechselbare Stimme im Konzert der Meinungen

Lehmann war als Vorsitzender der Bischofskonferenz auch ein Kirchenrepräsentant, der eine gesunde Beobachtungsgabe der Lebenswirklichkeit zeigte. Man müsse es zur Kenntnis nehmen, so Lehmann in dem Interview, dass sich manche Medien selbst „als eigene Sinnstifter sehen und von manchen Lesern und Hörern und Zuschauern gerne so gesehen werden“.

Umso wichtiger sei es für die Kirche, „im Konzert der Meinungen und Möglichkeiten unsere unverwechselbare Stimme deutlich zu machen. Ich bin überzeugt, wo wir dies authentisch und ohne jede Verbitterung und Härte tun, bleiben wir auch überzeugend und glaubwürdig. Denn die Kirche steht für eine Botschaft, die zu einem gelingenden Leben verhelfen will. Schwarzseher und Unheilspropheten gibt es genug.“

„Nicht mit religiösen Gefühlen spielen“

Auch an Kritik ließ es Lehmann nicht mangeln. Medien etwa warf er in einem „Focus“-Interview einmal eine ungleiche Berichterstattung über Christentum und Islam vor. „Gelegentlich kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Künstler, Journalisten und Intellektuelle, die sich dem Christentum gegenüber besonders mutig und kritisch gebärden und auch vor Häme und Spott nicht zurückschrecken, gegenüber dem Islam eine betont behutsame, manchmal ganz ängstliche Tonlage pflegen“, so Lehmann im Oktober 2006 im „Focus“.

Das Christentum sei in Europa lange als bestimmende Religion wahrgenommen worden, gegen deren tatsächliche oder angebliche Macht man durch gezielte Provokation angehen wollte. „In der Aufklärung und im Zeitalter der Revolution hat das besonders kräftig Gestalt angenommen. Aus dieser provokativen Religionskritik ist seit einigen Jahrzehnten ein meist bloß noch gedankenloser und oft primitiver Umgang mit den christlichen Symbolen hervorgegangen. Der Rest ist in der Comedy und der Popkultur gelandet“, beklagte Lehmann weiter.

Bei der Abwägung zwischen der Freiheit von Meinung, Kunst und Presse oder der Achtung von religiösen Gefühlen und Symbolen gehe es „nicht um eine Rangliste“, so Lehmann. „Beides ist wichtig und Grundlage unseres Zusammenlebens. Entscheidend ist, dass mit der Freiheit in Kunst und Presse verantwortungsvoll umgegangen wird. Das schließt ein, religiöse Gefühle nicht zu verletzen, nicht mit ihnen zu spielen.“

Beziehung zu Gott statt Wellness-Glaube

Religion brauche eine Gemeinschaft, so Lehmann, die den Einzelnen dauerhaft trage und nicht nur einen „Wohlfühl-Glauben“ vermittele. „Mit einer Religion als Wellness, als Ort des Sichwohlfühlens, kann ich nicht viel anfangen. Eine Wellness-Religion, wo man die harten Fakten mehr oder weniger verdrängt, bringt uns außer ein bisschen Stimmung gar nichts“, erklärte Lehmann. Für den Katholiken gehört die persönliche Beziehung zu Gott grundlegend zur Kirche: „Wenn ich nicht an einen persönlichen Gott glaube, dann brauche ich auch nicht in den Gottesdienst zu gehen. Die so reden, gehören nicht zum kirchlichen Kern.“

„Christliche Herkunft Europas“

Klare Worte fand Lehmann auch in Debatten um Religionsfreiheit und Umgang mit dem Islam. So sprach er sich wiederholt gegen eine rechtliche Gleichstellung christlicher und nichtchristlicher Religionen in Deutschland aus. Wenn der Staat gegenüber Religion neutral sei, heiße das nicht, dass er gleichgültig sei, lautet das Votum des Mainzer Kardinals. Das Christentum habe nicht nur die Geschichte Europas geprägt, sondern wirke über die europäische Rechtskultur bis in die Gegenwart hinein. Das könne nicht einfach ignoriert werden. So warnte Lehmann immer wieder vor einer „falschen Toleranz“, die alle Religionen unabhängig von der Zahl ihrer Mitglieder und ihrer Geschichte gleich behandele.

Ende Dezember äußerte sich Lehmann in einem „Cicero“-Interview erneut zum Umgang mit dem Islam. Darin plädierte er für die Einhaltung der Religionsfreiheit, die es Muslimen auch in Deutschland ermöglichen müsse, Moscheen zu bauen. Auf die Frage, ob es ihn störe, wenn Minarette deutsche Stadtbilder prägen und Moscheen zuweilen größer gebaut werden als christliche Kathedralen, antwortete Lehmann: „Ich würde mir schon wünschen, dass man beim Moscheenbau zuweilen mehr Rücksicht nimmt auf das soziale und bauliche Umfeld der jeweiligen Stadt. Mir geht es bei dieser Debatte aber auch um die Zustände in islamischen Ländern. Von mir aus könnte man sogar in Rom eine Moschee bauen, die höher ist als der Petersdom. Aber ich möchte dann im Gegenzug auch nicht verhaftet werden, wenn ich in Saudi-Arabien eine Messe lese.“ (PRO)

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