Empörung in der Adventszeit mit Besonnenheit begegnen

Der Leiter des Evangelischen Bildungswerkes in Bremen hat den rauer werdenden Tonfall in öffentlichen Debatten kritisiert. Gerade in der Adventszeit sollten Menschen behutsam miteinander umgehen und Wesentliches nicht aus dem Blick verlieren.
Ein vor 1.000 Jahren ausgetragener Streit ist mit dafür verantwortlich, dass unser Adventskranz vier Kerzen hat

Angesichts zunehmender Konflikte in der andauernden Corona-Krise rät der kirchliche Bildungsexperte Dieter Niermann dazu, dem wachsenden Empörungsgefühl mit Besonnenheit zu begegnen. „Empörung ist Energieverschwendung“, sagte der Leiter des Evangelischen Bildungswerkes in Bremen dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Die Adventszeit als Zeit der Besinnung lädt mich ein, das Wesentliche nicht aus dem Blick zu verlieren, mich nicht zu empören, sondern besonnen zu bleiben oder wieder zu werden.“

Die Polarisierung in den Debatten und der rauer werdende Tonfall seien Indizien in der Gesellschaft „und eben auch in mir“ für ein erhebliches Empörungspotenzial, führte der Bildungswissenschaftler aus. „Menschen, die ich schätze und mit denen mich sehr viel verbindet, verhalten sich anders, als ich es mir wünschen würde. Menschen, die ich schätze, empfinden Dinge anders als ich sie empfinde.“ In weniger angespannten Zeiten verbuche er beides als Bereicherung einer bunten, lebendigen und lebensfrohen Gesellschaft: „Jetzt aber wecken sie in mir das ansonsten für mich eher ungewohnte Gefühl der Empörung.“

„Ist erst einmal die Perspektive gewechselt, sind zuversichtliches Denken und Hoffnung nicht mehr klar vor Augen, dann gerät mit rasanter Geschwindigkeit immer mehr Problematisches in den Blick“, warnte der Pädagoge. „Vielleicht bin ich auch einfach ein bisschen durch, bin ich nach den vielen Monaten unter besonderen Rahmenbedingungen trotz zuversichtlicher Grundhaltung und Lebensfreude dünnhäutiger geworden?“, formulierte Niermann eine Frage, von der er denkt, dass sie gerade viele Menschen bewegt.

Wer die Adventszeit nutze und darüber nachdenke, tue etwas dafür, dass belastende Gedanken nicht die Oberhand gewinnen, sagte er. Er habe sich einerseits vorgenommen, „mit meiner Sicht der Dinge nicht schüchtern hinterm Berg zu halten“. Er wolle andererseits aber auch „das, was mir am Herzen liegt, anderen hinhalten wie einen wärmenden Mantel, damit sie sich hineinhelfen lassen. Zumindest einmal zum Anprobieren – um sich dann im Spiegel nach links und rechts zu drehen, um zu schauen, ob es ihnen passen könnte, was mir schon länger gefällt.“

epd
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Eine Antwort

  1. Es lohnt mal ältere Dokus von Ende der 60 er Jahre anzuschauen. Die Auseinandersetzungen in der Gesellschaft waren damals noch härter als heute. Demokratie lebt vom Streit und ohne Diskurs geht es nur in einer Diktatur. Das Anmahnen eines vernünftigen Umgangs miteinander ist sinnvoll, aber eine stabile Demokratie kann und muss Streit aushalten können

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