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EKD will sich mit Schuld gegenüber Sinti und Roma auseinandersetzen

Die Kirchen bekannten sich lange nicht zu ihrer Mitschuld an der Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma im Nationalsozialismus. Nun will sich die Evangelische Kirche stärker mit der Schuldgeschichte befassen.
Von dpa
Annette Kurschus
EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) bekennt sich zur Schuld gegenüber den Sinti und Roma und kündigt einen verstärkten Einsatz gegen heutige Diskriminierungen der Minderheit an. „Die Evangelische Kirche hat an vielen Stellen in der Geschichte Schuld auf sich geladen“, sagte die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus laut einer Mitteilung am Sonntag in Berlin. „Sie war daran beteiligt, Menschen zu verraten und der Verfolgung und Vernichtung auszuliefern.“

Kurschus sagte anlässlich des Jahrestages der Gründung des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma weiter: „Gemeinsam mit Angehörigen der Minderheit von Sinti und Roma wollen wir der Diskriminierung im Alltag von Kirche und Gesellschaft und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit insgesamt entgegenwirken.“ Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma war im Februar 1982 gegründet worden. 1995 hatte er die gesetzliche Anerkennung als nationale Minderheit für die deutschen Sinti und Roma durchgesetzt.

Sinti und Roma waren von den Nationalsozialisten ab 1933 schrittweise ausgegrenzt, entrechtet und verfolgt worden. Kirchenvertreter halfen bei der Aussonderung der Opfer mit. Bis zu 500.000 Sinti und Roma wurden mit systematischer Planung ermordet. Nach der Gründung der Bundesrepublik war der Völkermord an der Minderheit der Sinti und Roma jahrzehntelang geleugnet worden. Auch die Kirchen erkannten den Völkermord an den Sinti und Roma lange nicht an und bekannten sich nicht zu ihrer Mitschuld.

„Starkes Zeichen“ der EKD

Kurschus sagte, auch in der Kirche seien antiziganistische Stereotypen weitergetragen und Menschen in ihrer Würde verletzt worden. „Es ist wichtig, dass wir uns mit dieser bis in die Gegenwart reichenden Schuldgeschichte der Kirchen auseinandersetzen.“ Konkret will sich die EKD der Ankündigung zufolge im Bildungsbereich gegen „antiziganistische Zerrbilder“ einsetzen, die Teilhabe von Sinti und Roma in politischen und gesellschaftlichen Institutionen unterstützen und sich weiter mit dem kirchlichen Anteil an Antiziganismus in der Vergangenheit und heute befassen.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma würdigte es der Mitteilung zufolge als „historisch“, dass die Evangelische Kirche anlässlich auch des Internationalen Holocaust-Gedenktages am 27. Februar die Erklärung zur Ächtung von Antiziganismus abgibt. „Die EKD setzt damit ein starkes Zeichen, um den seit Jahrhunderten tief in unserer Gesellschaft verankerten Antiziganismus zu ächten und um das Bewusstsein in Kirche und Gesellschaft über den Holocaust an 500.000 ermordeten Sinti und Roma im NS-besetzten Europa zu stärken“, sagte der Zentralrats-Vorsitzende Romani Rose.

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2 Antworten

  1. Sich mit begangener Schuld auseinanderzusetzen ist immer angebracht, das gilt für das Individuum, wie auch für eine, wie auch immer geartete Gemeinschaft.
    Also ein gutes Zeichen an die Sinti und Roma- Community , wenn auch um Jahrzehnte verspätet.
    Eine protestantisch geprägte Kirche sollte aber über die Schuldfrage und moralisches Handeln hinausgehen und auf den hinweisen, der letztlich allein Schuld und Sünde vergeben kann. Im Rückblick auf die Nazi-Herrschaft in Deutschland drängt sich die „Lehre“ von der sündhaften Natur des Menschen doch förmlich auf !
    Und auch der Vergebende, vergibt schlussendlich, weil ihm vergeben wurde.
    So interpretiere ich die Geschichte vom Schalksknecht.
    Weist dieses „starke Zeichen“ auf Christus hin, oder bleibt es ein zwischenmenschlicher Akt, der lobenswert ist, aber echte spirituelle Tiefe vermissen lässt.
    Das Kreuz ist der einzige Ort der Welt wo das zentrale Problem des Menschen gelöst wurde, hier starb das Opferlamm Gottes, aus freiem Willen, um den Zorn Gottes über alles unheilige und sündhafte im Menschen zu befrieden. Hier kann wieder Gemeinschaft entstehen, zwischen einem dreimal heiligen Gott und dem gefallenen Menschen. Was sich vielleicht etwas verkopft anhören mag, ist das schönste Geschenk des Himmels und die größte erlebbare Sache auf Erden, die „Fingerspitze Gottes“ berührt den Menschen. (in Anspielung auf Michelangelo) Wer Jesus am Kreuz nicht erlebt, erlebt ihn eigentlich gar nicht !
    Leider sind diese fundamentalen Dinge in Vergessenheit geraten und tragischerweise selbst in den Kirchen nur in homöopathischen Dosen zu bekommen. So bleiben gutgemeinte Handlungen im moralischen Raum gefangen und die Weite und Freiheit des Evangeliums wird nicht erlebt !

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