Atze Schröder ist ungern katholisch

Der Comedian Atze Schröder hat ein zwiespältiges Verhältnis zur Kirche. Atze Schröder wurde katholisch erzogen, und es stört ihn, dass viele engagierte Priester unter dem schlechten Image der Kirche leiden müssen.
Von Jörn Schumacher
Atze Schröder, katholisch

In seiner Autobiografie „Blauäugig“ schreibt der Comedian Atze Schröder, der mit bürgerlichem Namen anders heißt und die Figur aus Essen-Kray mit Lockenpracht und Pilotenbrille nur für die Bühne erfunden hat, offen über sein Leben. Und dabei geht es nicht nur lustig zu, auch Ernstes spricht der 57-Jährige an.

So berichtet er unter anderem von seiner Begegnung mit der Holocaust-Überlebenden Eva Szepesi in der Sendung „Markus Lanz“ im Februar 2020, die ihn sogar zu Tränen rührte. Sie gab den Anstoß für sein Buch. Die 87-Jährige sprach über ihre Kindheit und davon, dass sie als Zwölfjährige 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert wurde. Ihre gesamte Familie wurde getötet.

Schröder schreibt: „Ich war entsetzt.“ Noch während der Sendung ging es immer weiter in seinem Kopf herum: „Wie wahnsinnig das eigentlich war, dass da ein Opfer im Sessel saß, das ungefähr so alt war, wie mein Vater gewesen wäre, der allerdings auf der Seite der Täter gestanden hatte. Der Gedanke war so überwältigend, so unfassbar und beschämend auf einmal.“

Schröder weiter: „Ich schämte mich dafür, dass jüdische Synagogen, nach all dem, was wir Deutschen den Juden angetan haben, 82 Jahre nach der Reichspogromnacht, immer noch bewacht werden müssen. Dass Juden auf offener Straße bespuckt und beschimpft werden.“ Dann sagte Szepesi einen Satz, bei dem die Bühnenfigur Atze Schröder plötzlich verschwand und der Mensch dahinter zum Vorschein kam, wie Schröder schreibt. „Ich kann nicht hassen“, sagte die Holocaust-Überlebende. „Ab da hatte ich die Kontrolle über die Bühnenfigur Atze Schröder verloren“, so der Komiker.

Er habe geweint, „weil ich traurig und glücklich war. Traurig, weil mein Vater schon lange tot ist. Traurig, weil von einigen widerlichen Menschen versucht wird, Judenhass und Rassismus in unserem Land wieder salonfähig zu machen. Glücklich, weil Eva Szepesi mich nicht hassen kann. Weil ihr meine Entschuldigung etwas bedeutet.“ Schröder stand spontan auf und bat Eva Szepesi um Verzeihung. Sein Vater, der vor zehn Jahren starb, sei zwar sein „bester Kumpel“ gewesen, habe als Soldat aber die „schlimmsten Sachen“ im Krieg gemacht. „Wir dürfen das nie vergessen!“, mahnte Schröder sichtlich ergriffen.

Atze Schröder, „Blauäugig“

Atze Schröder: „Blauäugig. Mein Leben als Atze Schröder“, Edel Books, 240 Seiten, 22,95 Euro

Für sein Buch befasste sich Schröder tiefergehend mit seiner eigenen Familie. In der Familie seines Vaters habe es viel Prügel gegeben, was auch zu einer ständigen Traurigkeit bis hin zu ihm selbst geführt habe, so Schröder. „Todessehnsucht und Depressionen sind in unserer Familie ein großes Thema“, schreibt der Komiker. Dass so etwas „irgendwann in die Gene übergeht“, sei „unbestritten“. Er selbst sei froh, all das in einer Therapie aufgearbeitet zu haben. „Ich kann nur jedem empfehlen, seine Vergangenheit zu bearbeiten und eine Therapie zu machen“, schreibt Schröder in seinem Buch. „Alles andere bedeutet sonst leiden.“

Damals hätten viele Zeitungen über seinen Auftritt bei Markus Lanz berichtet, auch israelische, sagte Schröder in einem Interview mit dem Münsterland-Magazin. Er habe auch eine Einladung nach Tel Aviv bekommen, so Schröder. Noch heute treffe er Eva Szepesi regelmäßig und halte den Kontakt.

Für Atze Schröder ist katholische Kirche „spaßbefreite Truppe“

Auch über seine katholische Erziehung schreibt der Komiker in seiner Autobiografie. „Die Welt im katholischen Münsterland war eigentlich ganz in Ordnung“, schreibt er. Er ging in einen katholischen Kindergarten, und „daher mussten wir selbstverständlich auch dauernd in die Kirche“, schreibt Schröder. Das sei für die Kinder eine „Folter“ gewesen: „Aufstehen, hinknien, aufstehen, sitzen, singen, hinknien. Und wehe, einer war nicht schnell genug oder quatschte dazwischen!“ Er könne heute noch viele „Kirchen-Oldies“ auswendig wie „Lobet den Herren“ und „andere Fangesänge“.

Heute stelle er fest: „Die katholische Kirche mit ihren irdischen Servicekräften ist ja insgesamt eine ziemlich spaßbefreite Truppe. Dauernd geht es um Büßen, Leiden, Schuld, Sühne und ganz viel Lustfeindlichkeit. Ihr bester Mann wurde erbarmungslos ans Kreuz genagelt.“ Dass Jesus zu seinem Vater rief: „Vater, warum hast du mich verlassen?“ habe dazu geführt, dass Kinder denken: „Echt nicht nett, den Alten würde ich keines Blickes mehr würdigen!“ Dennoch sei die Kindergartenzeit „nicht die schlechteste“ gewesen, schreibt der Comedian. „Trotz der unsäglichen katholischen Hardcore-Pädagogik, der strengen Nonnen und der haarsträubenden Bibel-Storys.“ Er sagt aber heute als Erwachsener: „Mit dem Glauben hab ich es nicht so.“

In der aktuellen Ausgabe von Bene, dem Magazin des Bistums Essen, sagte Schröder auf die Frage, ob er noch Mitglied der Kirche sei: „Es fällt mir im Moment schwer, mich zur Institution Kirche zu bekennen. Aber ja, ich bin katholisch. Ich war sogar Messdiener früher! Man kriegt es schwer verpackt heute. Einerseits ist das Image der Kirche so schlecht. Andererseits kenne ich so viele Leute, die so viel Gutes in der Kirche machen. Engagierte Priester, ehrenamtlich arbeitende Frauen … Es ist so ungerecht, dass die alle mit runtergerissen werden!“

„Wie macht sich der christliche Glaube in Ihrem Leben bemerkbar?“, will die Reporterin wissen, und der Comedian antwortet, zunächst einmal sei „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ für ihn „das Lebensmotto schlechthin“. „Daran fehlt es momentan ja überall ziemlich. Moralisches Verhalten ist ein hohes Gut für mich. Ich versuche schon, die Zehn Gebote in mein Leben einfließen zu lassen. Das Ganze will ich aber nicht nur auf die Kirche bezogen wissen.“

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Eine Antwort

  1. Ich finde es schwierig, wenn „Atze Schröder“ von einer „spaßbefreiten Truppe“ spricht. Er selber kann auch sehr spaßbefreit sein. Er hat 2007 diverse Zeitungen und auch Wikipedia verklagt, weil dort sein bürgerlicher Name genannt wurde. Bei heise.de wurde darüber berichtet und in den zugehörigen Artikelforen sah man immer wieder Schreiber mit Nicknames, die sehr stark an den bürgerlichen Namen von „Atze Schröder“ erinnerten. Das war echt komisch. Er hat auch 2007 „Atze Schröder“ als Marke beim Patentamt angemeldet, natürlich unter seinem bürgerlichen Namen, so dass das jeden nachsehen könnte.
    Die Klagerei hat etwas nachgelassen, weil er den letzten Prozess 2018 gegen Bild verloren hat.
    Aber in der englischen Wikipedia steht der Name ganz offen: https://en.wikipedia.org/wiki/Atze_Schr%C3%B6der

    Ob darüber etwas in seinem Buch steht?

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